Inhalt Nr.2/2009

 

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Aus dem Inhalt


Helmut F.Kaplan
Ethische Weltformel ........................... 3


Nur ein Menschenleben .................... 4
Klassenjustiz?


Vegetarische Initiativen ......................... 4


Eine vegetarische Gaststätte auf dem Lande

Gasthaus Schillinger, Großmugl/NÖ ... 5


Geisterkühe ....................................... 7
Konsumenteninformation
der Gesellschaft für humane Nutztierhaltung


Gent, Belgien:
Ein fleischfreier Tag ........................... 8


Erwin Lauppert
Gott sei Undank? .............................. 10


Vegetarische Informationen ................ 12


Rettet das Huhn
............................... 13


Nochmals § 278a Strafgesetzbuch
.... 14


Leserbriefe ....................................... 15
Lactovegetarismus und Tiertod


Bücher ............................................. 16
Der Rinderflüsterer, Das Beerenbuch, Rosmarin und Pimpinelle, Veggie grillen, Gemüse ist mein Fleisch, Vegetarisch grillen


Notizen ............................................ 18


Impressum ......................................... 19


Fleisch– Lebensmittel der Unterschicht
......... 20

 

Seite 1:

Wer die Opfer nicht schreien hören,
nicht zucken sehen kann,
dem es aber, sobald er außer
Seh- und Hörweite ist,
gleichgültig ist, dass es schreit
und dass es zuckt,
– der hat wohl Nerven, aber –
Herz hat er nicht.

Bertha von Suttner
(1843 – 1914)

Seite 2:

Liebe Leserinnen und Leser,

der Glaube, dass einer oder eine allein nichts ausrichten kann, nichts zu verändern vermag, ist weit verbreitet. Wir bringen in dieser anima Beispiele, die das Gegenteil beweisen.


Ein vegetarisches Gasthaus mitten auf dem Land fernab von der Stadt wird kaum jemand für möglich halten. Doch es kann möglich sein, lesen Sie das Interview mit Charly Schillinger aus Großmugl. Gerade auf dem Sektor Gaststätte wäre noch viel Raum für die Verbreitung des Vegetarismus: mehr fleischlose Restaurants, weniger Fleischkonsum und weniger Tierleid. Angebot schafft Nachfrage wie der Gastwirt Schillinger weiß. Die Erfahrung lehrt, viele Nicht-Fleischabstinente essen auch in Veggie-Lokalen, wenn es dort gut und preiswert ist. Gibt es Tierfreunde, die Geld in die Gastronomie investieren wollen?


Das zweite Beispiel, von dem wir Ihnen be-richten: fleischfreier Donnerstag in Gent in Belgien. In diese Richtung übrigens auch die von Paul McCartney unterstützte Aktion fleischfreier Montag. Nostalgiker werden da etwas wehmütig. Denn der fleischfreie Wochentag (oder sogar zwei) war bis vor nicht allzu langer Zeit Kirchengebot. Das führt uns zu einem weiteren Beitrag.


Manche sehen den Grund für schlechte Be-handlung der Tiere in der Menschbezogen-heit der christlichen Kirchen und beschimp-fen sie eifrig. Dagegen lässt sich sagen, Schimpfen macht die Welt nicht besser. Wie schon Erich Kästner meinte: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Siehe oben.
Auch der § 278a StGB und die gerichtliche Tierschutzsache läßt uns nicht ganz aus, weil sie noch immer im Schweben ist. Was wir nicht verstehen: Wenigstens in folgen-dem Fall soll ein Täter bereits identifiziert sein: „der habe die Pressesprecherin der Firma K durch Überreichen eines Flugblattes mit der Aufforderung „Ausstieg aus dem Pelzhandel - Jetzt", durch Versperren des Weges, Umringen des Fahrzeuges der Frau und durch teils heftiges und lautes Einschlagen auf den Wagen mit einer Verletzung am Vermögen gefährlich bedroht und sie so zur Einflussnahme auf die Geschäftsziele ihres Dienstgebers, im Beson-deren zur Einstellung des Handels mit Natur-pelzen, zu nötigen versucht.“ Warum wurde da nicht schon längst Anklage erhoben?


Das führt uns weiter zur Buchbesprechung „Der Rinderflüsterer“. Da wird beschrieben, wie Behörden einen Bauern, der akkurat Tiere nicht quälen will, drangsalieren und damit am Vermögen (mit zwei Millionen DM Schaden) so sehr verletzten, dass er fast den Hof verlor. Das war anders als im obigen Fall natürlich rechtens, keine Nötigung.


Liebe Leserinnen und Leser, es kommt die Urlaubszeit, vielleicht sehen Sie auf dem Lande Kühe nicht nur auf Plakatwänden (siehe das Artikelchen ’Geisterkühe’) sondern auf Wiesen, und vielleicht finden Sie irgendwo auf dem Dorf sogar noch ein zweites vegetarisches Lokal. Dann lassen Sie es uns bitte wissen.


So oder so, wir wünschen Ihnen allen eine schöne Sommerzeit.


Ihre anima-redaktion

Seiten 3 und 4:

Ethische Weltformel
Im Gegensatz zur physikalischen Weltformel ist die ethische bereits bekannt
Helmut F. Kaplan

„Was du nicht willst, daß man dir tu´, das füg´ auch keinem andern zu." Oder: „Behandle andere so, wie du auch von ihnen behandelt sein willst." Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz funktioniert die Goldene Regel in der Praxis ganz vorzüglich. Ihre Ablehnung beruht meist auf .....

 

Dieser Text beruht auf dem Abschnitt „Goldene Regel" des 2009 erscheinenden Buches „Ich esse meine Freunde nicht".
Helmut F. Kaplan, Philosoph und Autor, zählt zu den Pionieren der Tierrechtsbe-wegung.
Zahlreiche Bücher zur Ethik der Mensch-Tierbeziehung. Sein jüngstes Buch: Der Verrat des Menschen an den Tieren.
Dann u.a.: Tierrechte – Die Philosophie einer Befreiungsbewegung; Die ethische Weltformel – eine Moral für Menschen und Tiere; Tiere haben Rechte – Argumente und Zitate von A bis Z
w ww.tierrechte-kaplan.org, Bücher von Helmut F. Kaplan bei w ww.amazon.de.

 

Seite 4:

Nur ein Menschenleben
Klassenjustiz?


Der Fall ist heute allgemein bekannt. Um 15.40 Uhr am 29. Jänner 2008 findet man eine nackte Leiche im Fluß, um 20.40 Uhr gibt sie die oberösterreichische Staatsanwaltschaft zur Beerdigung frei. „Nur“ eine Slowakin? Wäre dem der Slowakei verbundenen österreichischen Journalisten Leidenfrost nicht aufgefallen, daß die dortigen Zeitungen schon monatelang Mord rufen, und hätte ihm nicht der Chefredakteur der Wiener Presse Raum für einen großen Artikel gegeben, wäre es vielleicht nie mehr zu Ermittlungen gekommen. Noch jetzt werden sie, glaubt man Leidenfrost, eher lässig geführt.
Die Bevölkerung zittert vor Einbrüchen in Wohnungen, Einfamilienhäusern, vor Auto-diebstählen usw., zehntausende Fälle im Jahr, Schäden von vielen vielen Millionen. In Zeitungen wird behauptet, die Ermittlungen liefen da eher oberflächlich, DNA-Spuren-Suche gebe es wenn überhaupt erst seit kurzem. Sei dem wie immer, die Intensität der Ermittlungen bzgl. der wenigen meist geringfügigen Tierschutzdelikte waren zweifellos um ein Vielfaches intensiver. Laut wikipedia waren 32 Beamte angesetzt. Um die tote Slowakin kümmerte sich lange kein einziger.


Nimmt es da Wunder, dass im einfachen Bürger Zweifel an der Unparteilichkeit des behördlichen Agierens erwachen?


Vegetarische Initiativen


Einzelne können zwar nicht die ganze Welt, doch manches verbessern. Es gibt immer wieder Beispiele. The Body Shop und früher Beauty without Cruelty, tierversuchsfreie Kosmetika, erwuchsen aus der Initiative einzelner. Die Animal’s Angels, heute eine professionelle Schutzorganisation gegen quälerische Tier-transporte wurden das durch das Engagement der Pfarrerin Christa Blanke; auch in kleineren Rahmen können einzelne viel bewirken, ob die TierWe-GE Gleisdorf des Ehepaars Kulmer auch bzgl. Ferntransporte, ob durch die Gründung einer vegetarischen Gaststätte wie Schil-linger oder Gilma. Auch wer nur einen kleinen Teil seiner Zeit einzusetzen vermag, kann manches tun, ob die Organisation eines Veggie-Treffs, Info-Stände, oder auch nur als Konsument durch intensives Nachfragen nach tierfreundlicher Ware und Protest gegen Irreführung im Geschäft oder beim Produzenten.
Nur zu!

 

Seite 5:

Das Gasthaus Schillinger in Großmugl


Wer von Wien Richtung Westen fährt, das nördliche Donauufer entlang, erreicht nach 20, 30 Kilometern Stockerau, ein Städtchen mit 15.000 Einwohnern. Wendet man sich dann nordwärts abseits der Hauptstraße (Abfahrt von der Schnellstraße Richtung Hollabrunn bei Sierndorf/Wegweiser:„Großmugl”), erhebt sich nach ca. 15 km auf einer kleinen Hochebene ein markanter Hügel, ein Mugl, wie man in der Landessprache sagt, 18 Meter hoch, eine Grabstätte aus der Bronzezeit. Ein bisschen weiter im dörflichen Großmugl plötzlich eine vegetarische Gaststätte. Nanu, mitten in einer ländlich-konservativen Gegend, weitab der Großstadt, sozusagen in der vegetarischen Wüste ein Veggie-Lokal? Wie kommt das und wie geht das? Neugierig fragten wir nach. Das Interview mit dem Gastwirt Charly Schillinger führte für die anima Michaela Schaller:


anima: Schillinger war jahrhundertelang Dorf-Gasthaus. Wie kam es zur Umwandlung in eine vegan geprägte vegetarische Gaststätte und wie kann sie wirtschaftlich bestehen?


Charly Schillinger: Mein Vater Karl Schillinger starb 1987 ganz plötzlich und hinterließ uns (meiner Mutter, meinen beiden jüngeren Schwestern und mir) unter Anderem drei zur Hausschlachtung vorgesehene Schweinedamen. Wir brachten es jedoch nicht übers Herz diesen Tieren etwas anzutun und so wurden sie unsere geliebten Haustiere und wir allesamt Vegetarier.
Danach führte meine Mutter das Lokal mit ein paar kleinen vegetarischen Snacks weiter und ich machte eine Ausbildung in der Wertpapierbranche. Erst als ich mit meiner Frau Irene wieder von Wien nach Großmugl zog und Irene gemeinsam mit meiner Mutter begann, ein größeres ve-getarisches Speisenangebot zu schaffen, wurde mir klar, dass ich wohl wieder zurück zu den Wurzeln finden würde, um Wirt zu werden.
anima: Erfolgte der Wandel allmählich oder abrupt?


Charly Schillinger: Sehr allmählich. Erst 2001 investierten wir in eine neue Küche. Im selben Jahr habe ich auch das Gasthaus offiziell von meiner Mutter übernommen. Und 2006 waren wir uns sicher, dass wir in Großmugl und Wirte bleiben wollen und bauten das ganze Gasthaus komplett um.


anima: Wie hat die örtliche Bevölkerung den Wandel aufgenommen? Wurden Ihnen Steine in den Weg gelegt? (Anm. Ein Ortsfremder, der in der Nähe von St.Pölten vor etlichen Jahren ein vegetari-sches Restaurant aufmachte, klagte über Anfeindungen, die ihn nach seiner Dar-stellung zur Aufgabe zwangen).


Da meine Familie ja seit Jahrhunderten Großmugler sind und wir im Ort immer schon sehr gut integriert sind, gab und gibt es in diese Richtung überhaupt keine Probleme. Natürlich glaubten viele, dass wir unser Konzept eines vegetarischen Gasthauses in dieser Gegend recht bald wieder aufgeben werden müssen. Aber die Menschen sahen, dass wir sehr bestrebt sind besondere Qualität und Frische zu bieten. Und das wurde dann von der Bevölkerung allmählich anerkannt und mittlerweile haben wir in Großmugl einen Vegetarier- und Veganeranteil, der deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Wie konnten die Gäste geworben werden?
Wir haben so gut wie nie Werbung für unser Lokal machen müssen. Fast ausschließlich durch Mundpropaganda fanden die Leute zu uns. Es ist in unserem Fall nicht besonders leicht Menschen in unser Gasthaus zu bekommen. Aber wir haben verglichen mit anderen Lokalen einen au-ßerordentlich hohen Wert an Erstgästen, die mit der Zeit Stammgäste werden. D.h. es besteht schon eine gewisse Hürde in ein vegetarisch/veganes Restaurant zu gehen. Aber wenn man die Speisen erst einmal probiert hat, ist man meist überrascht, wie gut das alles schmeckt.


anima: Woher kommen die Gäste? Von fern oder nah? Aus Wien?


Charly Schillinger: Unter der Woche haben wir hauptsächlich Gäste aus der Umgebung. Am Wochenende, wo das Lokal meist sehr voll ist, kommen Gäste hauptsächlich aus Wien aber sehr häufig auch von noch weiter her.


anima: Soziale Zusammensetzung?


Charly Schillinger: Ganz bunt gemischt.


anima: Besteht Ihr Gästeklientel eher aus konsequenten Veggies ?


Charly Schillinger: Ca. jeder dritte Gast ist im Schnitt Vegetarier oder Veganer.


anima: Hat der Betrieb auch noch die Funktion eines Dorfgasthauses für die örtliche Bevölkerung?


Ja, ganz stark sogar. Vormittags treffen sich meist männliche Gäste zum Kartenspielen und auch am Abend wird im vorderen Teil des Gasthauses oft Karten gespielt. Außerdem beliefern wir die drei örtlichen Kindergärten mit veganem Essen und wir beliefern auch das örtliche Lagerhaus mit veganen Fleisch- und Milchalternativen, die von den Kunden des Lagerhauses sehr gut angenommen werden. Das zeigt auch, wie salonfähig der Veganismus in unserer Gegend geworden ist. Angebot schafft also Nachfrage.


anima: Gibt es Hausmannskost, Qualitätsküche, Konzessionen an den allgemei-nen Publikumsgeschmack in Art der Zubereitung und Speisen-Namensgebung?


Charly Schillinger: Am allerbesten gehen bei uns die sogenannten Fleischalternativen. ‚Cordon bleu’, ‚Backhendl’, ‚Wildragout’ und ‚Kotelette’ etwa sind die meist-verkauften Speisen bei uns. Rund die Hälfte der Karte sind klassische Gemüsegerichte, die gehen aber viel schlechter als die “Fleischigen“. Besonders beliebt sind die saisonalen Gerichte in der Spargel- und Schwammerlzeit. Aber am allerbesten geht jedes Jahr im November unser ‚Martini-Gansl’. Da es uns Menschen meist sehr schwer fällt alte Essensge-wohnheiten aufzugeben, ist unser Bestreben, Speisen zu kreieren, die-geschmacklich, optisch und in ihrer Konsistenz den tierlichen möglichst ähnlich sind. Deshalb benennen wir diese Gerichte mit ihrer Originalbezeichnung, auf dass in Zukunft für ein Wildragout oder-Surschnitzel kein Tier mehr leiden und sterben muss.


anima: Auf welchem Preisniveau liegt Ihr Gasthaus?


Charly Schillinger: Wir haben in etwa das Preisniveau anderer Gasthöfe am Land, etwas niedriger als in Stockerau und viel billiger als Lokale in Wien.


anima: Wo liegen die Schwerpunkte des Lokals bzw. der Anziehung? Essen, Unterhaltung, reiches Cocktailangebot oder Billard?


Charly Schillinger: Eindeutig beim Essen und der gemütlichen Atmosphäre.


anima: Wie groß ist Ihr Lokal, wie viele Mitarbeiter haben Sie und wie sind Ihre Öffnungszeiten?


Charly Schillinger: Wir haben im Hauptraum 31 Sitzplätze, an der Bar rund 10 und im Nichtraucherstüberl ca. 20 Sitzplätze. Wir haben meist einen Koch und eine Servicemitarbeiterin im Lokal sowie meine Frau und mich. Unter der Woche ist das Gasthaus abends meist gut besucht, am Wochenende empfiehlt es sich jedoch zu reservieren.
Wir kochen für Sie: Dienstag, Mittwoch und Freitag 12 bis 14 Uhr und 18 bis 23 Uhr, Donnerstag von 18 bis 23 Uhr, Samstag und Sonntag von 12 bis 23 Uhr


anima: Sie haben gerade ein Hotelre-staurant in der Schweiz eröffnet. Was dürfen Gäste dort erwarten?


Wir haben gemeinsam mit unserem Partner Dr. Henrich ein Hotel im Schweizer Kreuzlingen vor etwa einem Monat eröffnet. Ausstattung: 18 Zimmer ein veganes Gourmetrestaurant mit 70 Sitzplätzen, eine Bar, ein Konferenzraum für 30 Personen, eine Terrasse für 30 Personen sowie ein Dr. Baumann Kosmetikinstitut.


anima: Wir danken für das interessante Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg!


GH Schillinger, 2002 Großmugl, Hauptstr. 46,
Tel. 02268/ 6672, w ww.charlys.at

 

Seite 7:

Geisterkühe


Großplakate: Eine Landschaft von Hügeln und Bergen mit viel, viel grünen Wiesen, nirgendwo grast ein Rind, eine sehr realistische Darstellung der Wirklichkeit; doch, vorne auf dem Bild überdimensional groß, grauschwarz, durchscheinend, sche-menhaft gespenstisch zwei Kühe. Die ruhelosen Seelen der Tiere, die einst, vor langer Zeit auf diesen Wiesen weideten? Damit auch der Bornierteste begreift, es handelt sich hier um eine Darstellung des Paradieses, ein Spruchband: „Unser Milchparadies lebt. Wie lange noch?“ Und die Beifügung: „Sie entscheiden: Mit dem Kauf regionaler Milchprodukte.“
Unsere AMA (AgrarMarkt Austria), amtliche Marktordnungsstelle und Agrarmarketing-Einrichtung wirbt eifrig – finanziert aus Zwangsabgaben der Bauern, die letzthin über die Preise den Konsumenten zur Last fallen – für Agrarprodukte insbes. Fleisch, Eier, Milch. Nicht nur in ganzseitigen Anzeigen in der Tagespresse, neuerdings auch auf den Straßen.


Werbung für heimische Produkte, schön und gut. Dass uns die Reklame abseits der grauslichen Realität eine heile bäuerliche Welt vorgaukelt, sind wir schon gewohnt. Doch „Paradies“? Ist das nicht ein allzu forscher Griff in die Werbetrickkiste? Für Kühe, das ganze Jahr im Stall, teils angekettet, nur jeden vierten Tag ein bisschen frische Luft auf einem Betonfleck vor der Stalltür.


In den vergangenen anima-Nummern haben wir immer wieder über das traurige Los der Kühe geschrieben. U.a. in der Herbstnummer „Eine Milchkuh klagt an“. Wir wollen Sie nicht mit Wiederholungen langweilen.


Natürlich gibt es in Österreich auch Kühe, die auf die Weide dürfen. Nur wie viele von den 500.000 Milchkühen? Leider ist Weide auch für Bio-Kühe nicht zwingend. Wir haben die Zahlen bisher nicht erfahren. Auch die letzte Anfrage vor einem Monat an die AMA blieb unbeantwortet. Weiß sie es selbst nicht oder sind die Zahlen so dürftig, daß sie sich geniert, sie offenzulegen? Weder auf den AMA- noch auf den Bio Austria-Internetseiten konnten wir etwas finden.
Die Kuh ist, um es noch einmal zu sagen, ein Weidetier, mit vier Beinen zum Gehen, nicht zum Stehen (dafür hätten unbewegliche Stangen gereicht), dafür geschaffen, das Wiesengras zu rupfen, gemütlich, den halben Tag lang, und es dann geruhsam wiederzukäuen, nicht Getreide und Soja, dafür sind seine Mägen nicht gebaut.


Österreich ein Kuhparadies? Leider nein.


Wie schon gesagt, leider ist auch für Bio-Bauern der Rinder-Weidegang nicht zwingend. Uns ist nur eine Marke in Kettenläden bekannt, die Weidegang für Kühe verpflichtend vorschreibt: die vom Bio-Pionier Werner Lampert vor einigen Jahren geschaffene Marke: Zurück zum Ur-sprung (bei der Handelskette Hofer).
Milch muß nicht sein. Sie bedeutet, wie immer die spätere Haltung auch sein mag, so oder so in der Regel schon Leiden für Kälber und Kuhmütter, die man auseinander reißt. Daher ist jedenfalls Mäßigung beim Konsum angezeigt.


Doch wenn Sie Milchprodukte in Kettenläden kaufen, empfehlen wir die Marke
Zurück zum Ursprung ( bei Hofer)
zu wählen, die einzige, wo Rinder auf die Weide dürfen. (Übrigens einige ZurückzumUrsprung-Produkte erfüllen auch alle Bio-Kriterien).


Käfigeier
gibt es dank intensiver Tierschutzbemühungen in Österreich in den Regalen des Lebensmittelhandels nicht mehr. Doch leider immer noch in zahlreichen Verarbeitungsprodukten, ohne Deklaration. Doch jeder Konsument kann fragen. Das ist erlaubt und kostet nichts.


Eine Information der
Gesellschaft für humane Nutztierhaltung
8017 Graz, Pf. 1, Tel. 0720-346 219
office @nutztierhaltung .org
www .nutztierhaltung .

Seite 8:

Ein fleischfreier Tag
Am 13. Mai 2009 initiierte Tom Balthazar, Ratsmitglied der Gesundheits- und Umweltkommission in Gent, den «Thursday Veggie Day» (Donnerstag ist Vegetariertag), der in Zusammenarbeit mit der belgischen Vegetarierorganisation EVA (Ethical Vegetarian Alternative) organisiert wurde. Fast unmittelbar nach der Verteilung der Pressemeldung, in welcher der wöchentliche fleischfreie Tag propagiert wurde, setzte eine internationale Reaktion ein, die selbst die Organisatoren wohl nicht in einem solchen Ausmass erwartet hätten.
Wir wollten mehr über dieses bemerkenswerte Projekt wissen und fragten Tobias nach Einzelheiten über den Hintergrund dieser Kampagne, die Vorbereitung und das weltweite Echo. Herma Caelen, EVANA, sprach mit Tobias Leenaert von EVA, Belgien (Übersetzung Bernadettte Raschle):


EVANA: Tobias, zuerst einmal möchten wir dir und deiner Organisation ganz herz-lich zu diesem unglaublichen Erfolg der «Thursday Veggie Day»-Kampagne gratu-lieren. Hattest du mit dieser enormen in-ternationalen Aufmerksamkeit gerechnet?


Tobias Leenaert: Überhaupt nicht. Ich dachte, wenn wir schon eine internatio-nale Pressemitteilung machen, dann sollte es jetzt sein, denn es ist ja wirklich eine ganz neue und aussergewöhnliche Sache. Aber ich hab wirklich nicht ein solches Echo erwartet.


Könnte deiner Meinung nach dieser un-glaubliche Medienrummel etwas damit zu tun haben, dass die Menschen überall nur auf den mutigen Politiker gewartet haben, der bei fleischlosen Initiativen die Führung übernimmt? Kannst du uns vielleicht ein bisschen mehr über die Reaktionen erzählen?


Wir wissen, dass das Bewusstsein der Menschen über Fleisch (und besonders der Zusammenhang mit der globalen Erderwärmung) wächst. Ja, vielleicht sind sich viele bewusst, dass etwas Entscheidendes geschehen muss, was in gewissem Maße nur durch politischen Mut gesi-chert werden kann.
Die eintreffenden Reaktionen sind wunderbar. Wir erhielten nicht nur die Aufmerksamkeit der weltweiten Presse, sondern auch Glückwünsche von Organisationen und Personen aus der ganzen Welt. Die Leute sagen, dass sie durch diese Idee inspiriert wurden, und das war genau das Ziel unserer Pressemitteilung. Ich finde es toll, dass uns die Demonstration über den Erfolg derartiger Initiativen ge-lungen ist; dieses Beispiel wird den Start ähnlicher Projekte für andere Gruppen und Städte einfacher machen.


Wie hat dieses Projekt überhaupt ange-fangen? Wer hatte die Idee? Wie lange dauerte die Vorbereitungsphase?


ANTWORT: Unsere Kampagne zum fleischfreien Donnerstag läuft nun ungefähr anderthalb Jahre. Ich glaube, wir hatten selbst die Idee, fanden aber später heraus, dass es in den USA schon «Meatless Mondays» (fleischfreie Montage) gibt.


Wie hast du es geschafft, einen derart konstruktiven Draht mit den Behörden von Gent herzustellen? War sofort Inte-resse vorhanden oder musstest du eine Menge Überzeugungsarbeit leisten?


Es hat uns geholfen, dass wir letztes Jahr Rajendra Pachauri, den Vorsitzenden des UNO-Weltklimarates, von einem Besuch in Gent überzeugen konnten (wir haben ihn einfach gefragt, falls du genauer wissen willst, wie wir das gemacht haben). Bei der Gelegenheit sprach er zum ersten Mal ausführlich über Fleisch und die globale Erwärmung. Tom Balthazar, Ratsmitglied der zuständigen Umweltkommission, war ebenfalls dort; er wurde mehr und mehr überzeugt von den Argumenten. Wir nahmen Kontakt auf zu zwei seiner Mitarbeiter, die ebenfalls sehr begeistert waren. Wir schlugen ihnen dann vor, Balthazar zu fragen, ob er bereit wäre, den Donnerstag offiziell als Vegetariertag zu erklären.
Wir sind übrigens sehr stolz darauf, dass Dr. Pachauri sich von unserer Idee eines wöchentlichen Vegetariertags inspirieren liess und sie überall selbst in der ganzen Welt verbreitet.


Aber waren vielleicht einige der Politiker bereits Vegetarier, wodurch diese kon-struktive Zusammenarbeit einfacher wur-de?


Ü berhaupt nicht. Trotzdem ist Gent grundsätzlich eine sehr vegetarierfreundliche Stadt. Wir haben 13 vegetarische Restaurants bei einer Einwohnerzahl von 240000 Menschen; das ist mehr als in jeder mir bekannten westlichen Stadt.


Kommen eure politischen Partner haupt-sächlich aus dem öffentlichen Gesund-heitssektor oder sind auch Umweltexper-ten vertreten?


Ratsmitglied Tom Balthazar ist zurzeit für die vier Abteilungen zuständig, die wir normalerweise als die vier guten Gründe für den Vegetarismus benennen: Gesundheit, Ökologie, Tierschutz und Nord-Süd-Beziehungen. Also war er derjenige, den wir gewinnen mussten.
Eine deutsche Zeitung erklärte Gent als die Hauptstadt der Vegetarier. Eure Be-amten müssen ja sehr erfreut sein über diese Art der PR für ihre Stadt?
Ja, sie schienen begeistert. Tatsächlich hörte ich den Bürgermeister am Radio, und er gab an, dass die Kampagne ein Teil seines grossen Marketingplanes für die Stadt sei.


Gibt es irgendwelche Pläne für veg* Tou-risten, die in Gent am fleischlosen Don-nerstag teilnehmen möchten?


Ich hoffe, dass sie unsere vegetarische Stadtkarte auf Holländisch lesen können. Das sollte eigentlich nicht allzu schwer sein. Aber natürlich können sie uns auch jederzeit gerne kontaktieren.


Kannst du uns mehr über die «vegetari-sche Hauptstadt» erzählen? Wie kam es zu dieser unglaublichen Vielfalt von ve-getarischen Läden und Restaurants?
Ehrlich gesagt weiss ich das auch nicht. Es ist eben eine sehr fortschrittliche Stadt mit vielen Studenten.


FRAGE: Welche Städte haben sich schon erkundigt in der Absicht, auch selbst fleischfreie Tage einzuführen?


ANTWORT: In Belgien gibt es bis jetzt zwei (Hasselt und Merelbeke). Die Grünen werden einen Vorschlag für Leuven vorlegen. Wir erhielten E-Mails von Deutschen, von Animal Aid und Peta UK, die mehr Informationen haben wollten für mögliche eigene Projekte.


Was ist dein Rat für jede Vegetarierrgani-sation, die dem EVA-Beispiel folgen und selbst tragfähige Kontakte mit politischen Entscheidungsträgern herstellen möchte?


Das Klima ist zwar momentan gut für Vegetarier (kein Wortspiel), aber gleichzeitig muss eine Organisation auch glaubwürdig sein. Ich glaube, dass wir auch die einzige vegetarische Organisation in der Welt sind, die strukturell von der nationalen Regierung getragen wird (wir begannen als ehrenamtliche Organisation und erhielten später Fördermittel vom Staat. Wohlgemerkt – wir sind völlig unabhängig). Wir haben viele Jahre an einem glaubwürdigen und professionellen Image gearbeitet. Es hilft, keine Tierrechtsorganisation zu sein, da Administrationen und Institutionen mehr an Gesundheits- und Umweltargumenten interessiert sind.


Ist EVA überall in deinem Land vertreten? Wenn nicht, gibt es Pläne für eine Aus-weitung des Tätigkeitsfeldes, sodass ähn-liche Kampagnen auch in anderen Regio-nen elgiens gefahren werden können?


Wir wollen auf jeden Fall unser Tätig-keitsfeld ausweiten und so viele Städte wie möglich erreichen, und wer weiss, vielleicht gibt es sogar eines Tages einen nationalen vegetarischen Tag. Momentan arbeiten wir aber nur in Flandern (das ist der holländisch sprechende Teil Belgiens).


Tobias, wir von EVANA drücken dir die Daumen, dass diese grossartige Initiative wachsen und sich in den nächsten Jahren noch mehr ausbreiten wird. Ich danke dir vielmals für die Zeit, die du dir für die Beantwortung unserer Fragen genommen hast.


EVA (Ethical Vegetarian Alternative), Belgien, Tobias Leenaert, EVA, tobias @vegetarisme.be

 

Seiten 10 und 11:

Gott sei Undank?

Erwin Lauppert

Schuld sind immer die anderen. Solche Erkenntnis beruhigt das Gemüt. Im Lager der Tierfreunde ist es häufig gepflogene Übung, die christlichen Kirchen namentlich die römisch-katholische und ihre Repräsentanten oder gar Christentum und Religion überhaupt für die miserable Behandlung, die schamlose Ausbeutung der sogenannten Nutztiere verantwortlich zu machen. Entsprechende Artikel in Vegetarier- und Tierrechtsjournalen, Äußerungen in Tierrechtsforen sind nicht selten. Aussagen in der Bibel, bekräftig durch den Katechismus der katholischen Kirche, Gott habe die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt, geben Material. Die Angriffe werden teils elegant mit intellektueller Klinge geführt, emotionell Begabte schöpfen dagegen auch aus dem Schatz populärer Schimpfworte.


Ausfälle gegen die Kirche rufen Verteidiger auf den Plan, die parieren natürlich. Die These, in vorchristlicher Zeit wäre man den Tieren achtungsvoller begegnet, ist ja angreifbar. Selbst das menschliche Miteinander war einst häufig eher grob, die Bibel, das Alte Testament gibt Zeugnis. Laut dem Buch Josua z.B. wird den gottgetreuen Eroberern die Ermordung aller Einwohner des Gelobten Landes anbefohlen und von ihnen auch getreulich ausgeführt, ein Holocaust, nichts Ungewöhnliches in alter Zeit, das Massakrieren Besiegter galt damals als politisch korrekt. Die Schlussfolgerung, zu den Tieren aber sei man lieb gewesen, lässt sich da in Zweifel ziehen.


Manche gehen weiter zurück und sehen nicht allein im Christentum, sondern in den abrahamitischen Religionen insgesamt mit ihrer Konzentration auf den Menschen das Übel.


Die Mär vom Goldenen Zeitalter ist schön und auch die Geschichte vom Paradies, doch sie zerstreuen nicht die Bedenken, die Welt sei schon vor Abraham rauh gewesen. Schließlich sind Hordenkämpfe mit heimtückischem Totschlag selbst unter Menschenaffen belegt. Auch später, das vorchristliche alte Rom, mit den Stützen Gewalt und Sklaverei, lässt in den Ver-gnügungsspielen in seinen Arenen Tierliebe schwerlich erkennen.


Kommen wir in unsere Zeit, in der - wir wollen es annehmen - Vernunft über den Glauben triumphiert, von der Aufklärung an. Hat die fernab der Religion allein dem Denken verpflichtete Wissenschaft mit ihren Tierversuchen nicht eher die Tier-quälerei verstärkt, und unsere heutige eher „nachchristliche“ Periode die Tierausbeutung ins Extrem getrieben?


Die Frage ‚Einfluß der Kirche auf unser Verhältnis zu den Tieren’ ist interessant und eingehender Überlegung wert. Die vorstehenden Bemerkungen können sie nicht lösen, sie sollen nur aufzeigen, daß man es sich mit Schuldzuweisungen nicht so einfach machen soll. Viele Facetten, z.B. Vegetarismus im Frühchristentum, Positives im alten Judentum (siehe auch nächste Seite) wurden nicht erwähnt. Das Argument, der dicke Trennungsstrich. den die katholische und auch andere christli-che Kirchen zwischen Mensch und Tier gezogen haben, sei die Wurzel für die Tiermisshandlung unserer Zeit lässt auch die Frage offen, weshalb die Behandlung von Tieren im hinduistisch-buddhistischen Kulturkreis heute eher zu mehr Klage Anlaß gibt.


Für die praktische Tierschutzarbeit wichtiger als das mehr akademische Thema der Schuldzuweisungen scheint mir ein anderer Punkt. Nützt es den Tieren, den Papst und die Kirche zu beschimpfen? Bei solchem Tun schwingt häufig eine Aversion gegen Kirche und Religion überhaupt mit. Es gibt Atheisten, Agnostiker und es gibt Menschen, die ihre Kraft in religiösen Glauben finden. Wenn Freidenker gegen Religiöse zu Felde ziehen wollen, bleibt ihnen das unbenommen so wie es Gläubigen unbenommen bleibt, für ihren Glauben zu werben.

Nur, ist die Tierrechtsszene der geeignete Ort dafür? Das Häufchen derer, die sich engagiert für Tiere einsetzen ist klein, sehr klein. Wenn sie sich über ihren weltanschaulichen Differenzen in den Haaren liegen, bleibt für Tierschutzarbeit wenig Zeit.

Übrigens, bei objektiver Betrachtung lässt sich nicht leugnen, dass gerade manch religiös Motivierte für Tiere, für Vegetarismus besonders viel leisten; um nur ein paar Beispiele zu nennen, eine adventistische Gruppierung und das von einigen Freidenkern geradezu fanatisch bekämpfte ‚Universelle Leben’.


Wir mögen es bedauern, daß sich die meisten Kirchen nicht für Vegetarismus einsetzen, ebenso wenig wie die religionsabgewandten Zünfte der Mediziner und der Philosophen und der übrigen Wissen-schaftler, von wenigen Ausnahmen abgesehen.


Es wäre schön, würden der Papst und all die anderen Angehörigen des Personenkreise, den man heute im politischen Jargon Elite nennt, würden die Wissenschaftler, die Idole der Unterhaltungsbranche einschließlich des Sports allesamt kein Fleisch essen. Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, es ist leider nicht so. Die Frage, vor der wir stehen, lautet: Wie können wir das ändern. Die Antwort ist schwierig, nur eines ist ziemlich sicher: Mit Schuldzuweisungen und Beschimpfungen wird es kaum gelingen.


Ü brigens, gerade jubelt die vegetarische Gemeinde (und auch wir in der anima, siehe das Interview auf Seite 8): die Stadt Gent in Belgien propagiert einen fleischfreien Tag in der Woche. Ein fleischfreier Tag pro Woche war im christlichen oder wenigstens im katholischen Bereich, ehe sich die Kirche dem Zeitgeist Konsumfreude und Genußstreben beugte, eine Selbstverständlichkeit.

E.L.


Josef Fink ( 1941 – 1999), Priester, Künstler, Autor, bis zu seinem Tod Rektor des Kulturzentrums bei den Minoriten in Graz, in einem Referat anlässlich einer Tierschutzveranstaltung 1985 (aus anima Nr.5/1985):


„ Es ist eine häufige und berechtigte Klage christlicher Tierfreunde, dass ihre Tierliebe von ihrer eigenen Religion nicht oder nur am Rande gefordert wird, und dass sie für diese Liebe kaum Unterstützung findet, wiewohl das Christentum auch im Verhalten dem Tier gegenüber auf den Schultern des Judentums sitzt, das eine ganz vorbildliche Satzung dem Tier gegenüber entfaltet hat.


Israel hat als einziges Volk der Geschichte einen paradiesischen Vegetarismus am Anfang und einen paradiesischen Vegetarismus im kommender messianischen Friedensreich geträumt: das Lamm, beim Löwen geborgen, das Kind, an der Höhle der Natter spielend, der Löwe frisst Gras wie die Kuh, etc.
Hetzjagdverbot, Sabbathhilfe für verun-glückte Tiere, ...


Schon in Brehms Tierleben ist zu lesen: „Ein freundliches Verhältnis zu den Tieren war vor allem bei den Israeliten vorherrschend!“ Hingegen schrieb der Ästhetiker Friedrich Theodor Vischer schon 1876: „Man könnte es als Mangel der christlichen Religion bezeichnen, dass sie auf diese Seite sich nicht einlässt, darüber nichts vorschreibt. Die Gesetzgebung des Moses stand hierin höher und hat bekanntlich herrliche Bestimmungen, worin sie Erbarmen mit dem Vieh zur Religionspflicht macht“.


Zu vielen Legenden der Heiligen gehört, das sie mit Tieren befreundet waren. Augustinus sagte, er hätte lieber auf allen Weltruhm verzichtet als eine Fliege getötet. Und der klassische Tierfreund, auf den man sich immer beruft, war Franz von Assisi, der jedes Wesen als Bruder und die Vögel als „kleine“ Schwesterchen anredete.
Eigentlich ist das Christentum angetreten, mit dem Neu–Gesetz der Bergpredigt („Selig die Zärtlichen“) als Alt-Gesetz des Moses zuinnerst zu erfüllen, ja sogar zu Übersteigen.


Aber gerade in Bezug auf das Tier hat das Christentum die gute jüdische Weisung nur in einzelnen ihrer Vertreter übernommen, die Päpste haben sich lieber an das Gesetz der Römer („Tier ist Sache“) gehalten, und an die abendländischen Einflusse, die über Descartes kamen .......

 

Sesite 13:

Rettet das Huhn
Asyl für abgetane Legehennen


Millionen Legehennen müssen für uns Men-schen Eier legen. Nach meist 11 bis 15 Monaten angestrengter Arbeit werden sie „abgetan“, das heißt mehr oder minder grausam in Transportkisten gestopft oder in modernen Betrieben abgesaugt, auf Laster verladen und in Schlachtstätten transportiert. Verwertung als Suppenhühner, in der Lebensmittel-, Fut-ter- und Düngerindustrie. Wegen der sinkenden Nachfrage wird da und dort bereits an die Entsorgung in der Biogas-Erzeugung gedacht.


Es ist wie im menschlichen Bereich. Große Debatten um Flüchtlinge oder Auswanderer, die die finanziellen Mittel aufbrachten, um nach Europa zu kommen. Das Schicksal der vielen Millionen echt armen Verfolgten, die ohne Hoffnung in tristen Lagern weit weg von uns vegetieren, interessiert kaum. Auch in der Tierschutzszene gilt das Interesse vor allem „privilegierten“ Tieren. Oder?


In Deutschland haben sich Ende 2007 drei junge Frauen zusammengetan entnehmen wir dem Infobrief 2/2009 der Animal’s Angels, und das Projekt „Rettet das Huhn“ ins Leben gerufen. Es organisiert die Vermittlung ausgeschie-dener Hennen an Privatpersonen, die ihnen ein artgerechtes würdevolles Leben bieten können. Seit der Gründung konnten schon über 6.000 todgeweihte Hühner in Absprache mit kooperativen Landwirten vor der Ausstallung in ein neues Zuhause vermittelt werden. Das ist zwar bei den vielen Millionen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch für die Geretteten bedeutet es Leben. Näheres siehe ww w.rettetdashuhn.de.
Ginge, was in Deutschland geht, nicht auch bei uns? Wer will es organisieren?


Hund und Katze sind hierzulande als Hausgenossen selbstverständlich. Doch gerade für Vegetarier sind diese an sich fleischverzehrende Tiere, insbesondere Katzen nicht unproblematisch. Es gibt zwar veganes Futter für Katzen, doch die sind da häufig aufnahmeresistent. Warum nicht ein paar Hühner als Haustiere wählen? Auch sie können lieb und anhänglich sein. Und schließlich, kleinere Vögel gibt es seit eh und je in Haushalten. Natürlich geht das nur für Gartenbesitzer und ortspolizeilich muß es auch gestattet sein.


Es gibt etliche Menschen, die sich aus Eigeninitiative bereits ausgedienter Hühner angenommen haben, wie folgende Anfrage in einem Tierrechtsforum beweist:
„ ... fällt mir folgendes Problem ein: Ich habe mit meiner Frau ein Dutzend Hühner vor dem Schlachten gerettet. Wir haben einen Stall und ein großes Gehege gebaut, gehen mit ihnen zum Tierarzt, wenn sie krank sind, kaufen Futter usw. Nun legen diese Tiere doch tatsächlich Eier. Was soll ich nun machen? Die Eier wegwerfen, weil der Veganer in mir das so verlangt? Oder sie (als Gegenleistung sozusagen) essen? Darf ich das?“


Eine Lesermeinung zum Thema Haustiere:
Die ganze Philosophie des fleischlosen Essens beruht auf dem Gedanken, die Nutztiere zu schonen – genau wie bei mir auch. Aber warum nur in aller Welt muss man denn immer wieder Hunde und Katzen halten und füttern, die doch ganz bestimmt nicht zur vegetarischen Philosophie dazu passen? ... Warum sind in der Peta-Zeitung mehr als die Hälfte der Fotos von Hunden und Katzen? Wenn die Menschheit sich tatsächlich – hoffentlich möglichst bald – vernünftigerweise vegetarisch oder gar vegan ernähren wird, wird sie sich von fleischfressenden Haustieren verabschiedet haben müssen. Schon jetzt müssen viele vegetarische Tiere ihr Leben nicht nur für Tiger und Löwen im Zoo, sondern auch für die Hausraubtiere der „normalen“ Menschen las-sen, es sind eben keine „Abfälle“ im Hunde- oder Katzenfutter, Knochen und andere Abfälle werden als Dünger und als Brennmaterial vergeudet – (meine Recherchen belegen dies).
Deshalb finde ich es unpassend, wenn Vegetarier es nicht schaffen, einfach mal auf Hunde und Katzen ganz zu verzichten, wenn sie sich schon keine begnadigte Kuh und kein Schwein oder Huhn halten können. „Schützen“ kann doch nicht heißen, Raubtiere mit Fleisch zu füttern. Vielmehr müsste man die „Beutetiere“ von den Raubtieren schützen.


Thomas Röder, Regensburg

 

Seite 14:

Nochmals § 278a Strafgesetzbuch
Die kriminelle Organisation


Über die erschreckenden Möglichkeiten, die die Gesetzesstelle der Obrigkeit gibt, Missliebige, die nichts Böses getan haben wie zu Zeiten Hitlers und Stalins einzusperren, wurde im letzten Jahr in der anima immer wieder geschrieben. Zahllos sind die Proteste, die von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, politischen Funktionären, Umweltorganisationen mit der Forderung, den Paragrafen zu novellieren oder ganz abzuschaffen bisher an die Justizministerin gerichtet wurden. Nur diese bleibt ungerührt und sieht, wie sie erst jüngst im Fernsehen betont hat, keinen Handlungsbedarf. Beispielhaft bringen wir einen unlängst aus unserem Kreis an die Ministerin gerichteten Brief, der natürlich auch unbeantwortet blieb:

Frau Bundesministerin
Mag. Claudia Bandion-Ortner
Justizministerium Wien


4.5.2009


Sehr geehrte Frau Bundesministerin,


Ich habe die auf der website des VgT wiedergegebenen polizeilichen Abschlußberichte bezüglich der der Bildung einer kriminellen Organisation beschuldigten Tierschützer gelesen und bin bestürzt. Die Abschlussberichte erwecken den Eindruck, die Polizei sehe in genehmigten Versammlungen und Kampagnen, in Tierschutzunterricht, in Recherchen, in der Behandlung des philosophischen und ethischen Themas Tyrannenmord, in der Erörterung der Auswirkung von tatsächlichen Geschehnissen auf den Tierschutz, kriminelle Akte und eine kriminelle Organisation.


Wirkungsvolle Tierschutzarbeit erfordert angesichts millionenschwerer Propaganda diverser Unternehmen, die der Bevölkerung eine heile Welt vorgaukeln und Tierschutzvereine durch Zivilklagen mundtot zu machen versuchen, eindringliche und wiederholte Information der Bevölkerung, Recherchen zur Feststellung gesetzwidriger Misstände.


Wenn all dies kriminalisiert wird, wenn, wer über das Thema Tyrannenmord philosophiert, Sympathien für Georg Elser erkennen lässt, über die Auswirkungen strafgesetzwidriger Handlungen nachdenkt, Friedrich Schiller oder den Nobelpreisträger Elias Canetti zitiert, angeklagt wird, Kopf oder Mittäter einer kriminellen Organisation zu sein, bedeutet das nicht nur das Ende wirkungsvoller Tierschutzarbeit. Dann wird nicht nur die Zielsetzung des Tierschutzgesetzes, der Schutz des Lebens und des Wohlbefinden des Tieres aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, zur leeren Phrase, dann ist auch das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung aufgehoben.


Ich appelliere daher an Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin, falls tatsächlich vorstehende Umstände nach der derzeitigen Gesetzeslage zu einer Anklage wegen Bildung einer kriminellen Organisation zwingen sollten, raschest eine entsprechend Gesetzesänderungen in Angriff zu nehmen und sich insbes. für die Novellierung des § 278a StGB, wie sie zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und auch politische Parteien fordern, einzusetzen.


Ich behaupte nicht, dass mir die Art der Versammlungsführung beim VgT immer sympathisch ist, doch ist dies m.A. eine Sache des Versammlungsrechts und nicht des Strafrechts. Besonders betone ich, daß ich selbstverständlich für strenge Verfolgung und Bestrafung von Brandstiftern, Wohnungseinbrechern etc. eintrete.


Es betrübt mich allerdings, in der Zeitung zu lesen, die Polizei sei bei der Untersuchung von Einbrechern überfordert und lax, und gerade heute im Grazer unter der Überschrift ‚Polizei tobt: Dealer freigelassen’: „Zwei Raubüberfälle am selben Tag mit Suchtgifthintergrund und Einsatz von Messern. Täter festgenommen, vom Haftrichter freigelassen.... Kripochef Jud: ‚Es traut sich bei Gewaltdelikten fast niemand mehr, als Zeuge auszusagen, wenn die Täter am nächsten Tag wieder vor der Tür stehen’. Dann die Einbruchserien: Jud: ‚Die Bevölkerung sagt, die Polizei tue nichts. Wir nehmen Täter fest, Richter lassen sie gleich wieder frei.’ Abschreckung null“.


Ich bezweifle nicht, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Doch entsteht, vergleicht man das mit der Strenge der Haftentscheidung gegen Tierschützer bei vergleichsweise qualitativ und quantitativ eher geringen Delikten, in der Öffentlichkeit der fatale wenn auch sicher falsche Eindruck, es werde gegen Tierschützer Klassenjustiz im Interesse einiger Unternehmer geübt.


Mit vorzüglicher Hochachtung
Erwin Lauppert

 

Seite 15

Leserbriefe


Zum Lacto-Vegetarismus


Guten Tag, Ich möchte vorausschicken, dass ich gar nichts gegen Vegetarier und vegetarische Kost im Allgemeinen habe, aber Sie sollten Ihre Anhänger nicht anlügen und Ihnen auch nichts verschweigen.


Das betrifft vor Allem die grösste Gruppe, die Ovo-Lacto-Vegetarier: Milchprodukte können ohne eine Kälber- Lamm- Zicklein-Schwemme nicht produziert werden, oder haben Sie eine Antwort auf folgende Frage: Was soll mit den Millionen Tierbabys welche für die Milchprodukte auf die Welt kommen müssen geschehen? Oder kennen Sie die natürlichen Zusammenhänge nicht?

Mit freundlichen Grüssen,
A .Buri, Tessin


Lieber Herr Buri,


was soll man mit Ihnen machen? Da infor-mieren die Vegetarierverbände seit Jahrzehnten über die tierquälerische Zucht und Haltung von Kälbern und Kühen und Legehennen, daß Eierkonsum (mit Ausnahmen, wenn man z.B. ausrangierte Käfighennen aufnimmt) sofortigen Tod der männlichen Küken bedeutet, und den der Hennen nach ca. eineinhalb Jahren, empfehlen Mäßigung oder besser noch Ver-zicht auf Eier und Milchprodukte, und Sie behaupten frisch und fröhlich, wir lügen und verschweigen. Da wird es ein bisschen schwierig sachlich zu diskutieren.


Laktovegetarismus reduziert die Tiertötungen fürs Essen jedenfalls um mehr als 99 %. (Ich lege die österreichischen Schlachtzahlen zugrunde; das sind rund 80 - 100 Millionen Tiertötungen jährlich;, davon rund 500.000 Milchkühe und ihre Kälber; ob deren Tötung den Milchtrinkern oder den Fleischessern zur Last fällt, darüber lässt sich – da es sich vornehmlich um Zweinutzungsrassen (Fleisch und Milch) handelt – trefflich streiten. Verzichteten die Laktovegetarier auf Milch, würden der Fleischnachfrage wegen kaum weniger Kälber und Rinder gezüchtet und getötet. Bei drei Prozent Milch-Vegetariern werden die rund 15.000 oder hoch gerechnet 20.000 Kälber/Rinder von den Fleischessern, die ja ein Vielfaches vertilgen, problemlos weggegessen. Das Tierschutzproblem liegt da derzeit vor allem aber nicht nur in der (allerdings auch bei Fleischrindern meist üblichen) Trennung von Mutter und Kind und in Massentierhaltung und Hoch/Qualzucht.
Gehe ich fehl in der Annahme, der Grund ihrer Intervention ist der Versuch, Fleischkonsum zu rechtfertigen? So nach dem Motto, wenn mein Nachbar nur 3.000 m hohe Berge besteigt und keine Fünftausender, kann ich beruhigt in der Ebene bleiben und mir das Gebirge vom Liegestuhl aus ansehen; wenn Vegetarier die Tiertötungen nur auf 1 % und nicht auf 0 % reduzieren, kann ich ruhig ohne Gewissensbisse 100 % umbringen.


Niemand behauptet, der Vegetarismus könne alle Weltprobleme lösen. Nicht nur vor 70, 60 Jahren, auch in den letzten Jahrzehnten mussten Millionen Menschen sterben, z.B. in Bürgerkriegen, durch das UN-Embargo gegen den Irak in den 90er-Jahren eine halbe Million Kinder, durch die US-Angriffe im nahen und mittleren Osten direkt oder indirekt viele, viele Menschen (die Opferzahlen stehen im Meinungs- und Interessenstreit), und ganz unabhängig von Kriegen viele Millionen Menschen durch Hunger. Friedvolle, freundliche Einstellung gegenüber Lebewesen, ob Mensch oder Tier, wie sie dem Vegetarismus zugrunde liegt, das Prinzip leben und leben lassen, könnte vielleicht manche kriegerische Auseinandersetzung verhindern. Und auch ohne das, Fleisch produzieren heißt Nahrungsmittel verschwenden, Nahrungsmittel die Hungernde sättigen könnten.

Ich glaube, es bringt nichts, Extremforderungen zu forcieren, wenn nur wenige mitgehen. Schon der Fleischverzicht stößt, wie an Ihnen zu sehen, auf intensiven Widerstand. Auch Milchiges auszuschließen, ist erheblich schwieriger. Weil es in der üblichen Kost vielfältiger verwendet wird und weil, wenn auch u.M. unberechtigt, sich viele Ärzte gegenüber der milch-und eifreien vegetarischen, also vegan-vegetarischen Ernährung ablehnend verhalten. Es scheint mir daher sinnvoll, will man das Töten und Quälen mindern, sich zuerst auf den Fleischverzicht zu konzentrieren.


Noch ein Wort zum Leder. Sie werfen auf Ihrer website richtig-essen.org den veganen Vegetariern vor, sie bräuchten mehr wieder zu entsorgender Plastik. Es ist die Ledererzeugung und –entsorgung, die größere Umweltsorgen macht. Übrigens, man muß nicht Vegetarier sein, um Leder abzulehnen. Auch als europäi-scher Fleischesser kann man die Abholzung der Amazonasurwälder für die „Produktion“ von Rindern – das Leder geht großteils nach Ostasien für unsere Schuhe – ablehnen.


Mit freundlichen Grüßen
E. Lauppert

 

Seite 16 und 17:

 

Bücher


Ernst Hermann Maier
Der Rinderflüsterer
Kosmos-Verlag Stuttgart 2009, geb., 200 S. 45Abbild., ca. 22 x 24,5 cm (LxB), 19,95 ¤(D)


Ernst Maier, Bauer in Württemberg hält Rinder zur Fleischgewinnung, an sich nichts für Vegetarier. Doch in Ländern, deren Bewohner zu 95 % Fleisch essen, sollte allen an Tierschutz Interessierten artgerechte Haltung der „Fleischtiere“ ein Anliegen sein.


Der Autor erzählt, wie er im Lauf der Jahre zur Mutterkuhhaltung kam. (In der Mutterkuhhaltung stillen –hieße es bei Menschen – die Kühe ihre Kälber bis zum Alter von sieben, acht Monaten; die Praxis ist unterschiedlich, teils werden die Tiere im Stall gehalten, teils auf der Weide – letzteres am artgerechtesten.) Und wie er dann eher ungewollt zur ganzjährigen Weidehaltung überging. Ständig im Freien lebende Tiere sind nicht mehr zahm, sie lassen sich nur mit brutalsten Methoden auf die Transporter Richtung Schlachthof verladen. Der Autor, dem solche Mißhandlung zuwider war, entschloß sich, den einzig tierschutzmäßig vertretbaren Weg zu gehen, sie an Ort und Stelle zu betäuben bzw. schießen zu lassen.


Fühlende Tiere – gefühlskalte Menschen
Damit begannen seine Probleme, nicht so sehr mit den Rindern sondern mit den Behörden. Denn diesen war der Tierschutz gleichgültig, sie vollzogen nicht nur pflichtgemäß Vorschriften, auch wenn die auf andere Situationen zugeschnitten waren. Sie taten mehr als das, sie machten Fleißaufgaben um einen Unbequemen unters alte Joch zu zwingen. Davon, seinem Kampf mit der Obrigkeit, der ihn fast in den Ruin brachte, handelt das Buch, und dazu natürlich auch von Rindern und ihrem Familiensinn.


Ein Bauer, der den Grundsatz vertritt: Es darf nicht heißen: „Wie halte ich meine Tiere, um möglichst viel und gutes Fleisch zu erzeugen, oder möglichst wirtschaftlich die Landschaft zu pflegen oder was auch immer mit den Tieren zu erreichen?“ Vielmehr muss es heißen: „Wie halte ich meine Tiere (solange sie leben), damit sich Wohlbefinden, Glück und Zufriedenheit bei ihnen einstellen?“, hat es schwer, er gilt als unliebsamer Neuerer, der den gewohnten Gang der Dinge stört. Dem werden Prügel vor die Füße geworfen, nach dem alten Grundsatz ‚Das war schon immer so’ und ‚Da könnte ja jeder kommen.’


Auch uns ist solches nicht ganz unbekannt. Als wir uns vor einem Vierteljahrhundert anschickten, anstelle des Käfigeis das Freilandei wieder einzuführen, ein Produkt erhöhter Wertschöpfung für die Bauern, stießen wir in der Landwirtschaftskammer, die sonst immer nach zusätzlicher Wertschöpfung rief, auf keine Gegenliebe; der ‚Fahrende Schlachthof’ des Bergbauern Herbert Schwaiger wurde mehr oder minder unterbunden, auch jetzt, als wir bei unserer Behörde nachfragten, ob hier die Schussbetäubung bzw. –erlegung erlaubt sei, hieß es nein, mögen Mutterkuhhalter noch so über die Schwierigkeiten klagen.


Herbert Maier siegte nach dreizehnjährigem Kampf, allerdings um den Preis einer nur mit Mühe und der Solidarität von Tierfreunden abgewandten Zwangsversteigerung seines Hofes. Sein Kampf David gegen Goliath hatte ihn überlokal berühmt gemacht, seine halbwilde natürlich gewachsene Rinderherde, von ihm in Anlehnung an das Urrind Uria genannt, Verhaltensforscher und Medien angelockt. Die verliehen ihm den Titel Rinderflüsterer, eine eher irreführende Bezeichnung, denn er manipuliert Rinder nicht, er lässt sie Rinder sein. Wäre Maier Menschenflüsterer gewesen, hätte er sich vielleicht leichter getan.


Ein aufschlussreiches Buch, kein Rinder-Lehrbuch, ein Bericht über das Schicksal eines Menschen, der mit seinen Tieren, auch wenn er sie letztlich töten muss, fühlt, ein Situationsbericht über Behördendenken und manch Aufschlussreiches über Rinder, ihr Gefühlsleben und ihre Haltung einst und jetzt,
Siehe auch www.uria.de


Sigrid Oldendorf-Caspar
Das Beerenbuch
pala-verlag Darmstadt 2009, Hardcover, 158 Seiten ca.17 x 12 cm (LxB), 9,90 ¤(D),ISBN 978-3-89566-258-40
Ein Gartenratgeber und ein Kochbuch in einem, den gerade für die vegetarische Ernährung so wertvollen Beeren gewidmet, vom Einsetzen der Pflanzen in die Erde bis zur Frucht in zahlreichen Variationen im Mund. Die Autorin behandelt die zehn bekanntesten der landläufig Beeren bezeichneten Früchte, von der Ribisel (Johannisbeere) und Erdbeere bis zum Holunder und Sanddorn. Auf 70 Seiten erfahren Gartenamateure das Wichtigste zu Anbau und Pflege, dazu Informationen über Vitamingehalt etc. Rund 100 Seiten sind dem Genuß vorbehalten, ob roh, gebacken oder gekocht, als Saft oder Eis: 70 Rezepte (ovo/lacto-vegetarisch).
E.L.


Irmela Erckenbrecht
Rosmarin und Pimpinelle - Das Kochbuch zur Kräuterspirale - Vegetarische Rezepte, pala-verlag Darmstadt 2009, Hardcover, 158 Seiten, 21,5 x 14. 12,80 ¤(D), ISBN 978-3-89566-256-0
Wer eine Kräuterspirale sein Eigen nennen darf, oder vor hat, seinen Garten damit zu bereichern, wird an diesem Buch garantiert Freude haben und so manche brauchbare Anregung finden. Die Autorin gibt Tipps, wie wir für ein Kräuterbeet ideale Standortbedingungen schaffen und dieses ein wahres Schmuckstück für jeden Garten werden kann. Wahrscheinlich werden Sie staunen, dass Sie mit nur geringem gärtnerischen Aufwand mit der Kräuterspirale vom zeitigen Frühjahr bis weit in den Herbst hinein stets eine große Palette frischer Würzkräuter zur Auswahl haben können.
Weiter geht es mit Tipps, wie Sie Ernteschätze für den Winter trocknen, einfrieren oder einlegen können, damit der Winter keine geschmacklose Zeit wird. Und schließlich geht es in die Kräuterküche: Insgesamt 22 Küchenkräuter mit ihren kulinarischen Besondemheiten und speziellen Anwendungsmöglichkeiten werden vorgestellt und ausführlich beschrieben.
Die ovo-lacto-vegetarischen Rezepte für Salate, Suppen, Aufläufe, Pizzen und Pfannengerichte, Gebäcke und Drinks lassen einem schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Veganer werden bei den Rezepten sicher keine Schwierigkeiten haben, Schlag- durch Sojasahne, Butter durch Margarine, Parmesan durch Hefeflocken, Ei durch Sojamehl etc. zu ersetzen.
Und wenn Siei schließlich Ihre Lieben oder Gäste mit Kerbelcremesuppe, Salbeispaghetti, Maistaler mit Petersiliensauce, Kräuterpfannkuchen mit Pilzen oder Kräuterlasagne verwöhnen, sind sicher alle begeistert. Auch Getränkekreationen wie Lavendelmilch oder Pfefferminzbowle werden überraschen.
Toll an den Rezepten ist, dass sie nicht nur gut schmecken, sondern auch bekömmlich, gesund und preiswert sind.
Lassen Sie sich anhand dieses Kochbuches von den köstlichen Kräuteraromen doch einfach zu neuen Kochabenteuern verführen.

Susanne Bodensteiner
Veggie Grillen
Reihe: GU Just cooking, Gräfe und Unzer Verlag, Softcover mit runder Ecke, 48 Seiten mit ca. 30 Farbfotos. 18 x 15 cm, 4,90 ¤D 5,10 ¤A
Wenn das Wetter schön ist und man ein Plätzchen im Grünen hat, ist Grillen angesagt. Wer bis dato meinte, dass nur Fleischesser dabei zu lukullischen Genüssen kommen, irrt und wird über die vielen fleischlosen Varianten in Veggie Grillen überrascht sein. Die sommerlich leichten Rezepte sind ovo-lacto-vegetarisch, lassen sich jedoch auch leicht veganisieren.
Zu Beginn gibt die Autorin Tipps, die ein entspanntes Grillvergnügen garantieren. Hiezu zählt Wissenswertes über Gas-, Holzkohle und Elektrogrills sowie das passende Zubehör. Weiters erfährt man, wie man Feuer macht, optimale Grillzeiten, -temperaturen und welche Öle geeignet sind.
Für spontane Veggie-Griller gibt es Rezeptvorschläge, die keine Vorbereitung brauchen und in jedem Supermarkt oder beim Bäcker zu bekommen sind und so im Handumdrehen auf dem Rost landen können. Die Hauptgerichte wie Gewürzpolenta mit Minzetomaten, Zucchinirädchen mit Tofu und Shitake, Mini-Paprika mit Couscous, Sesamfladen oder Lorbeerkartoffeln mit Schalottenbutter schmecken sicher nicht nur überzeugten Vegetariern. Für Naschkatzen gibt es zum Schluss noch eine gegrillte Banane oder Früchtepäckchen mit Kokos-Mascarpone-Sauce.
Lustige Infos über das Grillen runden die Lektüre noch ab und machen garantiert Lust auf junges Gemüse frisch vom Feuer.
Also: Los geht´s, die Grillsaison ist eröffnet!


Torsten Merz
Gemüse ist mein Fleisch - Vegetarisch grillen, Verlag Parkstraße, München 2009 (2. Aufl.), Paperback,70 Seiten, 22x15 cm, 6,80 ¤(D) ISBN:978-3-941556-00-3; als Hörbuch (auf USB-Karte) ISBN 978-3-941556-01-0), inklusive Buch 14,80 ¤(D)
Wer aufgrund des Titels meint, dass Grillen mit Gemüse wenig spektakulär ist und dabei einfach nur Zucchini, Paprika und Tomaten auf den Rost gelegt werden, der irrt. Torsten Mertz zeigt uns nämlich in einem äußerst übersichtlichen Buch 50 Rezepte, die auch mit wenig Kochroutine zubereitet werden können und dennoch originell sind.
Zu den Kapiteln Grillgemüse, Spieße, Päckchen und Fruchtiges gibt es jeweils eine „kleine Warenkunde“ dazu, in der wir erfahren, welche Produkte sich wie besonders eignen. Z. B wird die Herstellung und Verwendungsmöglichkeit von Fleischimitaten wie Seitan, Tofu und Tempeh erklärt.
Das Kochbuch ist ovo-lacto-vegetarisch, beinhaltet aber auch zahlreiche gekennzeichnete vegane Rezepte. Kostprobe gefällig? Grünkern-Cevapcici, Seitan-Frühlingszwiebel-Spie-ße, Feta-Zucchini-Schiffchen, Knusprige Kürbisspalten, Birnenhälften mit Roquefort und Ananas „indisch“.
Appetit bekommen?
Mein Tipp: Lassen Sie den Sommer nicht ohne Grillparty vergehen und genießen Sie die kulinarische Vielfalt auf dem Grillrost
Ihre Michaela Schaller


Jutta Grimm
Vegetarisch grillen – Vollwertige Rezepte
Mit Cartoons von Renate Alf
pala-verlag Darmstadt, überarbeitete Neuauflage 2008, Hardcover, 160 Seiten , ca. 17x12 cm, 9,90 ¤(D), ISBN 978-3-89566-242-2
Ein Klassiker unter den Grill-Büchern, die erste Auflage erschien 1992. Da das Buch erst kurz vor Redaktionsschluß einlangte, konnte sich unsere Fachfrau nicht mehr damit beschäftigen. Nur soviel, es enthält schätzungsweise 130 Rezepte, die teils über das eigentliche Grillen hinausgehen, darunter viele vegane, dazu auf über 30 Seiten Anleitungen zum Grillen, und zahlreiche originelle Cartoons zum Thema.

Büchereingang:
Franz Spengler
Als die Tiere für einen Tag sprechen durften
, Für kleine und große Leser, Donny Stieven Verlag 13435 Berlin 2009, brosch., 104 Seiten, 20,5x14,5 cm, ISBN 978-3-939822-63.

 

Seite 18 un 19:


Notizen

Halal – Richtigstellung
In der letzten anima berichteten wir in der Rubrik Notizen auf Seite 17 von einer steirischen Fleischfirma, die Halal zertifizierte Fleischprodukte erzeuge. Die Rohware stamme vom Halal zertifizierten Grazer Schlachthof.
Entgegen der Darstellung in der Notiz werden die Tiere dort jedoch nicht geschächtet, sondern „konventionell“, d.h. nach vorangegangener Betäubung geschlachtet. Der Unterschied besteht laut Mitteilung des Schlachthofs und des Islamischen Informations- und Dokumentationszentrums Österreich (IIDZ – Austriae) lediglich in der Anwesenheit eines zeremoniell tätigen Mitglieds des islamischen Glaubens. Wir bedauern den Irrtum.


Die Schlussfolgerungen in der Notiz sind daher bezüglich des steirischen Fleisches hinfällig, nicht jedoch betr. anderswo von tatsächlich geschächteten Tieren verarbeiteter Ware.


Kirchentag ‚Mensch und Tier’ 2010
Ü ber Initiative und unter Verantwortung von AKUT, Der Aktion Kirche und Tiere e.V., ist vom 27. - 29. August 2010 in Dortmund der 1. Deutsche Kirchentag "Mensch und Tier" geplant. (Näheres w ww.kirchentagmenschundtier.de)


Analogkäse
Während Verbraucherverbände undeklarierten Analogkäse als Konsumententäuschung verurteilen, sieht der Vegetarierbund Deutschlands (VEBU)die Sache positiver:
Käse aus pflanzlichen Zutaten ist gesünder, schont die Tiere und entlastet das Klima. Analogkäse in Fertigprodukten bringt viele Vorteile. Die zum großen Teil auf pflanzlichen Zutaten basierenden Alternativen zu Käse sind meist cholesterinärmer und fettärmer. Zudem gehört Käse mit zu den klimaschädlichsten Lebensmitteln überhaupt. Mit 8,35 kg CO2-Äquivalente/kg ist Käse fast doppelt so klimaschädlich wie Fleisch und mehr als 50-Mal klimaschädlicher als Gemüse.
Den Aufklärungsbedarf sehen wir hauptsächlich darin, den Konsumenten die Vorteile der pflanzlichen Alternativen deutlich zu machen.“
Analogkäse enthält allerdings mit Milcheiweiß meist Tierisches. Im veganen Versandhandel und teils in Naturkostläden/Reformhäusern gibt es auch Käse-Imitate meist auf Getreide- oder Sojabasis ohne tierische Zusätze.

Natascha Kampusch
setzt sich für die Freiheit von Wildtieren in Zirkussen ein, meldet Peta und kritisiert, daß die deutsche Regierung bislang einen Bundesratsbeschluß betr. das Verbot von Wildtieren im Zirkus nicht umgesetzt habe.
„ Auch die Tiere würden, wenn sie könnten, fortlaufen, fliehen, so wie ich die Chance genutzt habe, zu fliehen", schrieb Kampusch an die deutsche Verbraucherschutzministerin Aigner(CSU).

 


Der Präsident und die Fliege


Als ich einmal eine Spinn erschlagen,
Dacht ich, ob ich das gesollt?
Hat Gott ihr doch wie mir gewollt
Einen Anteil an diesen Tagen.


Johann Wolfgang Goethe
1749 – 1832


Mißfallen erregte US-Präsident Obama vor ein paar Tagen bei strengeren Tierschützern, als er während eines Fernseh-Interviews vor laufender Kamera eine lästige Fliege erschlug. Wir möchten das kontraversielle Thema hier nicht aufgreifen. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß amerikanische Präsidenten in den letzten zwei Jahrzehnten vermutlich nicht nur ein paar Fliegen sondern auch etwa eine Million Menschen direkt oder indirekt erschlagen haben.


Glas und Sterben
Glasarchitektur und Vögel

Glas ist nach wie vor in in der Architektur, ob im Großen oder im Kleinen, für Lärmschutzwände, für Wintergärten etc. Leider ist das Vogelauge dafür nicht eingerichtet. Die Folge – es wurde schon oft berichtet – geschätzte hunderte Millionen Vögel sterben alljährlich in Europa an den Glasflächen. Die Unfälle werden kaum bemerkt, da Krähen, Ratten, Katzen die meist kleineren Singvögel rasch „entsorgen“.
Die gebräuchlichen Greifvogel-Silhouetten sind ziemlich wirkungslos In neueren Forschungen fand man bessere Methoden, am besten gleich beim Bau anzuwenden. Leider werden sie aus Kostengründen nicht immer angewandt. (Auskünfte u.a. bei der Wiener Umweltanwaltschaft. wua-wien.at) Ein ganz simpler Tip: Verzicht auf häufiges Fensterputzen.


Aus alter Zeit


Den Käfer quält das Kind;
doch kennt es dessen Schmertz
und thät es so
verriet es schon ein böses Herz.
Neues A,B,C, Buch, Leipzig 1773


Ein neuer Vegetarier-Treff
Scharnstein, OÖ: Auskünfte bei K. Luthe, T. 0664-73923157, katharina.luthe @gmx.net,
Nächstes Treffen 10.Juli, 18 Uhr, Picknick Ruine Scharnstein (Näheres bei Frau Luthe)

Wir bitten unsere Abonnenten, bei Beitragszahlungen Namen und Adresse nicht zu vergessen, ebenso uns Adreßänderungen mitzuteilen.

 


Veganes Hotel und Restaurant in Kreuzlingen (CH) nächst Konstanz/Bodensee


Mit dem kürzlich eröffneten Dr. Baumann HOTEL SWISS und Restaurant SCHILLINGER + CO. haben der Arzt und Ernährungsexperte Dr. Ernst Walter Henrich und der Gastronom Karl Schillinger hier eine richtungsweisende Partnerschaft gestartet. Der Arzt gibt die gesundheitlichen Richtlinien nach ernährungswissenschaftlichen Studien vor und der Gastronom kreiert die kulinarischen Köstlichkeiten.


Ein Teil der Studien findet sich kurz zusammengefaßt auf der Webseite der "Ärzte zur Förderung der vegetarischen Ernährung" w ww.fleisch-macht-krank.de.


Dem entsprechend finden sich in der Speisekarte ausschliesslich fleischlose Gerichte. Der Gastronom Karl Schillinger, der seit Jahren in Obermugl, Niederösterreich, ein vegetarisches Restaurant betreibt, verbindet gesunde Ernährung mit echtem Gourmetgenuss, mit typischen Fleischgerichten auf rein pflanzlicher Basis, die den Fleischgerichten hinsichtlich Geschmack, Konsistenz und Optik in nichts nachstehen.
Quelle: Aussendung der Betreiber

 

Impressum:
anima
- Zeitschrift für Tierrechte

Medieninhaber und Verwaltung: Österr. Vegetarier Union, Herausgeber und Redaktion: Arbeitskreis Tierrechte der ÖVU / Erwin Lauppert (E.L.), alle: A-8017 Graz, Postfach 1, Tel. (0316) 46 37 17 und 0720-349 056 (fairytel) Email: anima@vegetarier.at
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Seite 20:

Fleisch – Lebensmittel der Unterschicht


Einst prassten die Reichen, während die Armen am Hungertuch nagten. Wer oben war, hatte Fleisch in Hülle und Fülle, wer unten war, musste darben. Fleisch war teuer, war Zeichen für Wohlstand, Statussymbol. Verständlich dass das Sehnen der Armen sich auf den Braten konzentrierte. Ein Nachhall alter Proletarierwünsche war nebenbei die seinerzeit in einigen Ostblockstaaten forcierte wirtschaftlich unvernünftige Fleischproduktion.


Die Zeiten haben sich geändert. Die brutale Ausbeutung der Nutztiere, Qualzuchten, Massentierhaltung, haben Fleisch zu einem billigen Massengut gemacht. War vor fünfzig Jahren ein Brathuhn noch etwas für besondere Sonntage, ist es heute Alltagsware, von der sich „bessere Leute“ abwenden.


Achim Spiller, Univ.-Professor für Agrar-Marketing, Göttingen in einer Studie über Zukunftsperspektiven der Fleischwirtschaft: „Die soziale Schichtung der Gesellschaft schlägt sich auch in den Bemühungen der Verbraucher nieder, sich sozial abzugrenzen bzw. abzuheben. Soziologen bezeichnen dies als Distinktionsverhalten oder demonstrativen Konsum. Während Luxusspeisen und insbesondere ein hoher Fleischkonsum über Jahrhunderte ein Zeichen von Wohlstand waren und eine wichtige Rolle bei der Statusde-monstration spielten, hat die Ernährung diese Funktion zugunsten anderer Le-bensbereiche wie Mobilität, Reisen oder Wohnen verloren. Große Fleischmengen sind heute teilweise geradezu verpönt. In der Gastronomie gelten „Fleischberge“ z. B. als Charakteristika einer niedrigpreisi-gen ‚Balkanküche’.“


Konsumerhebungen, so Spiller, deuten darauf hin, dass ein hoher Fleischkonsum immer stärker zum Unterschichtenphänomen wird. Mit steigender Bildung sinkt die Konsummenge an Fleisch. So zeige eine Untersuchung einen um die Hälfte höheren Wurstkonsum von Hauptschulabsolventen gegenüber Hochschulabsolventen, bei Fleisch betrug der Unterschied nie Männern 20% und bei Frauen 30 %.
Bezeichnend auch die Zahlen fürs Ge-wicht. Übergewicht gelte heute im Wesentlichen als ein Unterschichtenphänomen. Ernährungswissenschaftler kritisieren in diesem Zusammenhang fast immer auch den zu hohen Fleischkonsum der Bevölkerung. Besser gebildete, einkom-mensstärkere Personen ernährten sich in der Regel gesünder und umweltbewusster.


Bio-Konsum, Gesundheitswelle und die anderen Trends (Fairtrade, Tierschutz etc.) gingen mit einem sinkenden Fleischverbrauch einher. Besonders bedenklich aus Sicht der Fleischwirtschaft sei der wachsende Vegetarieranteil, auch der vornehmlich bei den Gebildeteren, so Spiller.
Es gibt in der Soziologie den Begriff des gefallenen Kulturguts. Die unteren sozialen Schichten übernehmen allmählich die Denkvorstellungen und Bräuche der Oberschicht.


Vegetarische Kost ist gesund, schmackhaft, tierfreundlich, klimaschonend und billig. Auch wer nicht das Glück hat, oben zu sein, ist nicht blöd. Wir sind überzeugt, die sogenannte Unterschicht wird sich bald zu einer fleischarmen oder vegetarischen Kost bekehren.


E.L.

 

 


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