Inhalt Nr.3/2009

 

Die Herbst-Nummer der anima ist erschienen. Fordern Sie ein kostenloses Probeexemplar an!

 

Aus dem Inhalt

Eine kriminelle Organisation? ............ 1

Klabund
Franziskus ......................................... 3


Magnus Schwantje ............................. 4
Ein Pionier der Vegetarier-Bewegung


Ins Ginko – weil’s schmeckt ............... 5


Helmut F. Kaplan ............................... 7
Tierrechte - das Ende einer Illusion?


Vegetarische Informationen ............. 13
Konsumenteninfo
Pelz - Käse/Lab ......................... .......... 14


Bücher ............................................. 15

Impressum ...... 16


Sina Walden
Fliegen klatschen? ........................... 17


Agenten der
Tierquäler oder unnütze Idioten? ..... 19


Senait G. Mehani
Ein Kind und ein Huhn ...................... 20
Eine Geschichte aus Eritrea

 

Seite 1:

Titelbild: Grafitto "Go Vegan"
Unterschrift: "Die Untat einer kriminellen Organisation?"

Seite 2:

Liebe Leserinnen und Leser,

wir müssen unsere Auflage steigern. Die allseits bekannten im Medienwesen bewährten Mittel dazu sind Sex und Crime. Nun, was Sex betrifft, mit der Masse mehr minder bekleideter Damen, die die Gazetten im Übermaß bevölkern, können wir es nicht aufnehmen. Ein weibliches Wesen hatten wir allerdings vor Jahren, sehr körperbetont; der Berliner Karikaturist Steffen Jahsnowski hatte es geschaffen, als Gegengewicht gegen Damen, die sich gern mit Tierpelzen als Tierquälerinnen outen. Die Schöne meinte, der einzige Pelz, dessen sie sich nicht schäme, sei der ihr wenn auch sehr klein von der Natur gegebene – vielleicht erinnern Sie sich noch. Die Darbietung hat uns aber auch nicht wirklich eine Auflagensteigerung beschert.


Da bleibt als Ausweg nur noch Crime. So konfrontieren wir also unsere Leser mit dem Grausen, das ehrbare Bürger beim Anblick eines Verbrechens durchschauert. Nur welches nehmen?
Naheliegend wäre es, eine durch Ein-bruchsdiebstahl verwüstete Wohnung zu zeigen die gibt’s ja schon zu Zehntausenden; andererseits, das kennt sowieso schon bald jeder. Der Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums brachte uns die Erleuchtung: 34 Schmieraktionen und Schlossverklebungen in Österreich weist er 2008 für die Tierrechts-Sparte aus und 24 für 2007. Erschütternde Zahlen, tatsächlich wert bildlich hervorgehoben zu werden.


Verklebte Schlüssellöcher sind nicht fotogen, also dann eine Schmierage. Über 20.000 davon, steht gerade in der Zeitung, gibt es allein im Großraum Graz mit einem Schaden von 25 bis 30 Millionen Euro. Doch was sollen wir mit den schäbigen 20.000 Graffiti. Es muß etwas beson-deres sein, geadelt durch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, akribisch aufgespürt von der SOKO Tierschutz mit ihren bis zu 35 Beamten. Das war laut dem Bericht 2008 in der Steiermark genau ein Graffito. Wir haben es gefunden und stellen es hiermit an den Pranger, der Bedeutung entsprechend auf die Titelseite. Die wäre somit hinreichend erklärt. Oder wurde die Verunzierung erst heuer gemalt? Macht nichts. Dann steht sie halt im Verfassungsbericht 2009.


Wir bitten unsere geschätzten Leserinnen und Leser nunmehr wieder aus den Höhen empörter Erregung über die vorne angeprangerte ruchlose Tat, die Schändung einer grauen Mauer, in die Ebenen nüch-terner Überlegung zurückzukehren.


Verhältnismäßigkeit der Mittel bei der Auswahl der aufzudeckenden 600.000 krimineller Akte jährlich? Lassen wir beiseite, wir haben volles Vertrauen: unsere Innenministerin weiß, was wichtig ist.


Wer darf in unserem Land informieren? Nur wer viel Geld hat und sich Werbung leisten kann, also praktisch die großen Unternehmen? Dürfen sie Konsumenten irreführen mit falschen Geschichterln über ach so liebe Tierhaltung, und niemand darf das berichtigen, an Ort und Stelle? Ein kompliziertes Thema, wir lassen es beiseite.


Sachlich ist gegen die strafgesetzwidrig affichierte Aussage nichts einzuwenden. Lakto-Vegetarismus würde uns öster-reichweit 80 bis 90 Millionen Tiertötungen jährlich ersparen, veganer Vegetarismus noch eine halbe Million mehr, Milchkühe und Kälber. Also lakto-vegetarisch leben ist gut, vegan-vegetarisch noch besser.


Daß illegale Aktionen letztlich nichts bringen als den Polizeistaat, stand schon oft in der anima und hat sich erwiesen. UHU klebt manches, nur nicht eine zerbrochene Mensch-Tier-Beziehung.

Dennoch: Unlängst zogen ein paar dreizehn-, vierzehnjährige Mädchen ein Band der Verwüstung durch einen Ort: weil ihnen so fad war. Illegal aktiv werden Tierfreunde nicht, weil es ihnen langweilig ist, sondern weil die Behandlung, die wir den Tieren angedeihen lassen, in vielen Bereichen zum Himmel schreit.

Es ist eine Eigenschaft vieler junger Menschen, konsequent für ihre Ideale einzutreten, ohne allzu viel an Gesetze und Folgen zu denken. Um nur ein Beispiel zu nennen, Tzipi Livni, konservative israelische Politikerin und zeitweise Außenministerin erzählt, mit 15 sei sie auf Bäume geklettert, um rote Fahnen der regierenden Sozialisten abzumontieren.


Jedes Jahr wächst eine neue Generation Dreizehnjähriger heran. Ein paar davon werden sich immer wieder für Tierschutz engagieren. Und die eine oder der andere wird – fürchten wir - aus Empörung zu Klebstoff und Farbspray greifen. Solange bis die Regierenden nicht das Übel an der Wurzel packen und für anständige Behandlung der Tiere sorgen. Bis dahin hat wenigstens der Staatsschutz sichere Arbeitsplätze.
Nun, was gibt es in der anima außerdem? Wir erinnern uns eines Vegetarier-Pioniers, der Philosoph Helmut Kaplan zieht nüchtern, manchen vielleicht zu pessimistisch eine Bilanz der Tierrechtsbewegung, ein Plädoyer für Zivilcourage auf der Seite Konsumen-teninfo, Positives aus der Vegi-Gastronomie, Bücherhinweise u. a. zum Thema ‚Kommt der Überwachungsstaat oder ist er schon da.’, Sina Walden (Autorin von Endzeit für Tiere 1984), über uns und kleine, uns lästige Wesen, und zum Schluß das ferne Afrika.


Denktage, die uns Tierschicksal nahe bringen, stehen bevor oder sind, wenn die Zeit-schrift kommt, gerade vorbei. Wie dem auch immer, wir alle können, wenn wir wollen, jeder mit seinem Kräften manches bessern.


Liebe Leserinnen und Leser, wir wünschen Ihnen einen erfüllten Herbst
Ihre anima-Redaktion


 


Franziskus

Die Tiere alle waren ihm vertraut

Und kamen treu auf seinen Ruf gesprungen.

Die Eselin war schön wie eine Braut,

Der Rabe hat ihm seinen Schmerz gesungen.

Und früh im Morgenrot die Nachtigall

Flog an die Gitterstäbe seiner Zelle.

Die Spinne warf auf ihn sich wie ein Ball,

Vor seinen Wimpern tanzte die Libelle.

Und wenn er flüsternd seine Sprüche sprach,


Und seine Hände Weihrauchfässer schwangen:


Voll Vögeln schwirrte jubelnd das Gemach,


Und aus den Wänden selbst die Lerchen sangen.

Klabund
(1890 - 1928)

 

Seite 4:

„Ein Unrecht bleibt ein Unrecht, auch wenn alle es verüben."


Magnus Schwantje
1877 – 1959
Pionier der vegetarischen Bewegung, Pazifist, Schriftsteller – zum 50. Todestag

Aus tiefstem Mitleid mit der leidenden Kreatur wurde bei Magnus Schwantje der Vegetarismus geboren. Er hat viele Jahre vor Albert Schweitzer das Wort „Ehrfurcht vor dem Leben“ geprägt, und für ihn hatte es den vollen Klang: Ehrfurcht vor allem Leben mit allen Konsequenzen. Und für diese Ethik hat er sein Leben nicht nur gelebt, sondern geopfert.


Magnus Schwantje gab eine eingehende philosophische Begründung für den ethischen Vegetarismus. Dabei verlangte er für die Tiere nicht nur Sorgfalt, Wohlwol-len und Fürsorge, sondern Gerechtigkeit und Brüderlichkeit. Er hat das Recht der Tiere in die Ethik eingebaut, das Recht für die, die es selbst nicht vertreten können. Schon Schopenhauer hat das Wort vom Recht der Tiere gebraucht. Aber Schwantje gründet es auf neue gründlichere tierpsychologische Erkenntnisse. Und dieses Recht der Tiere hat er in wissenschaftlich einwandfreier Weise dargestellt. Von allen Seiten werden die Probleme beleuchtet. Alle Einwendungen der Gegner werden unbefangen und gründlich geprüft. Sehr sachlich und maßvoll kommt er in seinem Urteil zu unwiderleglichen Forderungen für das Recht der Tiere. Sie sind radikal (die Wurzel des Übels ergreifend), ohne fanatisch zu sein.


Ausgehend von einer tiefpessimistischen Weltanschauung kam Schwantje zu einem begeisternden Ethos: jeden Tag so viel Leid wie irgendmöglich zu verhindern und so viel Glück und Freude, Frieden und Harmonie wie möglich zu schaffen. Und diesem hat er sein Leben lang mit leiden-schaftichem Eifer und außergewöhnlicher Opferfähigeit gedient.
Käthe Moritz in „Magnus Schwantje zum Gedächtnis“ 1960, wiedergegeben in
„Der Vegetarier“ März 1971


Der Lebenslauf in Kürze: 1877 in Oldenburg geboren, ein Studium aus finanziellen Gründen verwehrt, absolviere Schwantje eine Buchhandelslehre und bildete sich im Selbststudium. Die erste seiner zahllosen Schriften 1897: ‚Das Edle Waidwerk und der Lustmord’. 1901 – 1904 Vorsitzender des Berliner Tierschutzvereins. Die Arbeit im Verein, der im ganzen Reich tätig war, ließ ihn viel Erfahrung sammeln, organisatorisch, als Referent und als Schriftsteller.


1907 gründete er die ‚Gesellschaft zur För-derung des Tierschutzes und verwandter Bestrebungen’, 1912 bis zum Verbot 1915 gab er die angesehene ‚Ethische Rundschau’ heraus, zu deren Hauptaufgaben die Förderung der Friedensbewegung zählte. Nach dem Ersten Weltkriege änderte die Gesellschaft ihren Namen in ‚Bund für radikale Ethik’. Seiner rastlosen Tätigkeit als Propa-gandist, Vortragender und Schriftsteller setzte das Nazi-Regime ein Ende. Von ei-nem verständigen Gestapobeamten vor dem KZ bewahrt, fand Schwantje 1934 in der Schweiz kärgliche Zuflucht.
1950, alt, kränklich, arm nach Deutschland zurückgekehrt war seinem fortgesetzten Wirken für seine Ideale nur mehr wenig Erfolg beschieden. Magnus Schwantje starb 1959, nach einem aufreibenden Leben voller Entbehrungen und Leiden, aber in tiefer Selbstbestimmung und sinnvoller Arbeit für die Ideale im Sinne der ‚radikalen Ethik’.


Einige seiner Schriften: Öffentliche Disputation über die Vivisektion 1904 – Hat der Mensch das Recht, Fleisch zu essen? – Radikalismus und Idealismus. 1919 – Tierschlachtung und Krieg. 1928 – Ehrfurcht vor dem Leben, Brüderlichkeit und Vegetarismus 1949.


Ausführlichere Darstellungen seines Lebens und Wirkens unter w ww.vebu.de, der web-site des Vegetarierbundes Deutschland. Viele seiner Werke sind unter w ww.magnus-schwantje-archiv.de wiedergegeben.

 

Seiten 5 und 6:

Ins Ginko – weil’s schmeckt
Ein vegetarisches Selbstbedienungsrestaurant in Graz


Wir setzen unsere Gastronomiereihe diesmal mit einem Stadtrestaurant fort, dem vegetarischen Restaurant Ginko in Graz. Für unsere ausländischen Leser: Graz im Südosten Österreichs, hat rund 250.000 Einwohner, dazu über 60.000 Tagespendler, und mit vier Universitäten viele Studenten. Die Tierschutztradition ist überdurchschnittlich. U. a. hat hier die von Charlotte Probst begründete und betreute Aktion Tierschutz im Unterricht ihren Ursprung. Nebenbei, auch wir von der anima sind hier daheim.
Eine Besonderheit, es gibt seit längerem zwei vegetarische Selbstbedienungslokale knapp 1 km von einander entfernt, beide ziemlich zentral gelegen, mit reichem Speisenangebot. Das größere, Mangolds, ist das letzte einer früheren Kette, in nichtvegetarischer Hand, einem benachbarten Hotel gehörig, und Ginko. Mit dessen Inhaber, Herrn Gilma, sprach für die anima Michaela Schaller.


anima: Wie kamen Sie zur vegetarischen Gastronomie und seit wann?
Gilma: Aus Liebe zur vegetarischen Küche und um den Menschen eine gesunde fleischlose Kost als Alternative zu Fleischspeisen nahe zu bringen. Außerdem machte ich mir schon von Jugend an Gedanken darüber, wie man mit Nutztieren umgeht. Mein erstes vegetarisches Re-staurant hatte ich 1976, damals das einzige meines Wissens in Österreich.


anima: Wie war die Entwicklung der Ak-zeptanz veg Gaststätten in der Bevölke-rung und der Wirtschaftlichkeit im Lauf der Jahre?
Gilma: Der Trend zur gesunden Küche hat sehr zugenommen. Die Wirtschaftlichkeit hat sich durch die größere Menge und mehr Professionalität ergeben.


anima: Seit wann existiert das Lokal Gil-ma bzw. Ginko?
Gilma: Von 1995 bis 2004 führte ich das Restaurant unter Gilma. 2004 habe ich mit der Umgestaltung des Restaurants auch nach einem neuen Namen gesucht und habe mich schließlich für Ginko entschieden.


anima: Wir haben den Eindruck, dass der Betrieb seit der Umstellung auf Ginko im Lauf der Jahre immer besser angenom-men wir. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?


Gilma: Die neue Gestaltung des Gastraumes wurde offenbar sofort von vielen Gästen als moderner, frischer und zeitgemäßer positiv wahrgenommen. Auch die Umstellung auf Buffet-Selbstbedienung mit Zahlung nach tatsächlichem Gewicht, wurde als positiv empfunden, da viele Gäste gerne von mehreren Speisen kleine Portionen genießen möchten. Dazu kommt, dass wir seit der Neueröffnung eine größere Speisen-auswahl bieten. Mehr internationale Küche, indische Gerichte, größeres Salatbuffet und eine beispiellose Kuchenvitrine, die auch zahlreiche vegane Mehlspeisen bietet. Auch unsere Thekenbedienung mit ausgewählten frischen Fruchtsäften und Kaffeevarianten etc. hat ein breites Publikum angesprochen. Auf den Punkt gebracht, könnte man sagen, dass die Betonung auf frisch, gesund und leicht heute von vielen Gästen sehr geschätzt wird. Außerdem hat die vegetarische Küche heute bei einer breiten Masse der Bevölkerung hohe Akzeptanz. Auch Menschen die keine Vegetarier sind, wissen heute, dass es durchaus ein kulinarisches Erlebnis sein kann, fleischlos zu essen. Erfreulicherweise sind die Menschen heute auch gesundheitsbewusster und meiden daher tierische Lebensmittel immer öfter. Auch das Thema Umweltverschmutzung und -zerstörung durch die intensive Massen-tierhaltung regt immer mehr Menschen auf und veranlasst sie, vegetarische Gerichte zu bevorzugen. Die immer wieder kehrenden Medienberichte über Grausamkeiten in der Nutztierhaltung und beim Transport von sogenannten Schlachtvieh erwecken darüber hinaus bei immer mehr Menschen Betroffenheit und veranlassen sie, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ü-berdenken und zu verändern.
anima: Wie konnten die Gäste geworben werden? Woher kommen die Gäste?
Gilma: Viele Gäste kommen von den umliegenden Büros, weil sie es schätzen, rasch ein frisch gekochtes Essen auf dem Teller zu haben. Auch zahlreiche gesundheitsbewusste Familien sind bei uns Stammgäste und freuen sich über eine gesunde preiswerte Speisenauswahl. Eine immer größer werdende Gruppe sind junge Menschen, die sich für Tierschutz und Tierrechte einsetzen und aus ethischer Überzeugung strenge Veganer sind. An Samstagen kommen auch sehr viele Menschen die nicht in Graz zuhause sind. Immer wieder erzählen mir Gäste, dass sie es sehr genießen, wenn sie Erledigun-gen und Einkäufe in Graz mit einem Essen im Ginko verbinden können. Erstaunlicherweise habe ich die meisten Gäste nicht durch große Werbeaktionen, sondern einfach durch Mundpropaganda gewonnen.


Welche Art von Speisen bieten Sie an und sind bei den Gästen besonders beliebt?
Gilma: Hausmannskost und Pastagerichte sind sehr beliebt. Wobei ich betonen muss, dass bei uns wirklich alles selbst gekocht wird. Keine vorgefertigten Speisen, wie es heute in vielen Gastronomiebetrieben üblich ist. In unserer Küche gibt es z. B. gar keine Mikrowelle. Sogar die Nudeln machen wir selbst. Auch die indische Küche, die es bei uns täglich gibt, findet immer mehr Anhänger.


Auf welchem Preisniveau liegt Ihr Haus?
Gilma: Wir verlangen 1.15 Euro pro 100g. Im Vergleich zu ähnlichen Restaurants in Deutschland (2.10 Euro) und der Schweiz (2.50) sind wir also recht günstig. Auch wenn man in einem der vielen Innenstadtlokale bei uns in Graz vegetarisch isst, brauchen wir einen Vergleich nicht zu fürchten.
anima: Ist der Wunsch der Gäste von lactovegetarischen auf immer mehr vega-ne Speisen von Bedeutung?


Gilma: Ja, vor allem bei jungen Menschen kann man diesen Trend beobachten.
anima: Wie groß ist Ihr Lokal, wie viele Gäste bewirten Sie und wie viele Mitar-beiter haben Sie beschäftigt?


Gilma: Wir haben 70 Sitzplätze im Lokal und im Sommer eine großzügige Terrasse mit ca. 30 Sitzplätzen. Täglich bewirten wir 250 bis 300 Gäste. Zusätzlich beliefern wir noch 3 Betriebskantinen, in die ca. 100 Essen geliefert werden. Inzwi-schen habe ich fast 20 Mitarbeiter, wobei jedoch einige nur geringfügig angestellt sind.
Unsere Öffnungszeiten sind von Mo-Fr 11.30-21.00 Uhr, Sa 11.3-18.00 Uhr
anima: Ist eine Konkurrenz von Mangolds für Sie spürbar?
Gilma: Werbung von Mangolds kommt auch uns zu Gute, außerdem bin ich sehr froh, zwei gutgehende vegetarische Restaurants in Graz zu haben.


anima: In Linz und Klagenfurt hat sich Mangolds nicht gehalten, auch in Salzburg und Innsbruck gibt es unseres Wissens nichts Ginko oder Mangolds Vergleichba-res. Ist die Atmosphäre in Graz für veg. Lokale günstiger oder liegt es primär am besonderen Engagement einer Einzelperson, wie Ihnen, Herr Gilma?
Gilma: Graz scheint für diese Art von Gastronomie aufgeschlossener zu sein, als andere vergleichbare Städte in Österreich.


anima: Mangolds vermeidet das Wort vegetarisch, Sie dagegen deklarieren sich offen als vegetarisch. Was denken Sie, bringt oder vertreibt das mögliche Gäste?


Gilma: Der Trend geht im allgemeinen zu bio, leichter Kost und vegetar. Küche. Ich glaube also nicht, dass man heute mit dem Wort „vegetarisch“ Gäste vertreibt.


anima: Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen noch viele zufriedene Gäste und weiterhin viel Erfolg!


Ginko, Inh. Gilma, 8010 Graz, Grazbachgasse 33, Ecke Klosterwiesgasse, ca. 200 m südlich des Jakominiplatzes, Tel. 0316 81 56 25.

 

Seite 14

Weil es bald Winter wird


Eine Frage an Pelzträgerinnen, menschliche: Haben Sie es notwendig, gnädige Frau, sich als Tierquälerin zu outen?
Artgerechte qualfreie Pelztierhaltung ist wirtschaftlich gesehen praktisch nicht möglich. Man muß nicht Tiere quälen, um es warm zu haben, und schöner wird man davon auch nicht. Also warum Pelz?


Wir stellen die Frage, weil neuerdings manche Modeschöpfer wieder auf den bereits fast verpönten Pelz setzen.


Es haben zwar dankenswert etliche Modeketten bereits auf Pelz, auch Fellverbrämungen verzichtet, doch nicht alle. Kleider Bauer z.B. widersteht den lauten Tierschutzprotesten. Wirkungsvoller als Schreidemonstrationen wäre Konsumentenkonsequenz. Es gibt in Österreich hunderttausende Tierfreunde. Warum sagt nicht wenigstens ein Teil von ihnen auffallend ‚danke nein’ zu pelzführenden Geschäften? Die würden rasch einlenken, einfach des Gewinns wegen.


Warum wird Pelzbesatz gekauft? Mein Frauchen meint, sagte einmal unser Rocky, als er noch in der anima bellte, „weil viele Menschen beim Kauf von pelzverbrämter Kleidung denken, dass es ja ohnedies nur ein kleines Stückchen Fell ist, ganz nach dem Motto: So schlimm kann das nicht sein. Doch das ist großer Unsinn. Auch für den kleinsten Pelzkragen hat ein Tier gelitten und ist ein Tier gestorben.


Alle großen Verbrechen in der Weltgeschichte funktionierten letztendlich, weil es viele kleine Mitläufer gab, die sich vor der persönlichen Verantwortung drückten. Und viele meinen: ‚Was kann ich alleine schon dagegen tun, es hilft ohnedies nichts, wenn ich dagegen bin.’
Doch es gibt eine Selbstverantwortung für den einzelnen! Und man hat mehr Macht als man denkt.
Mein Frauchen zum Beispiel hat in den jeweiligen Geschäften sofort bei der Geschäftsleitung gegen Pelzbekleidung protestiert und wird noch einige in ihrem Bekannten- und Verwandtenkreis ermuntern, dies zu tun. Die Konkurrenz in der Textilbranche ist heute groß und Beschwerden werden von der Geschäfts-führung meist ernst genommen.“


Wenn genügend Konsumenten der Geschäftsleitung klar machen: Wir sind zwar kaufwillig, doch solange ihr Pelz führt, kaufen wir nichts bei euch, wird das wirken. Denn wie schon der Philosoph Peter Singer, Begründer der Tierrechtsbewegung sagte: „Die Unternehmer brauchen nicht unsere Zustimmung, sie brauchen unser Geld.“

 


Lab und Käse


Lab ist unter Lakto-Vegetariern ein strittiges Thema. Für vegane Vegetarier stellt es sich nicht; sie meiden Milchprodukte, denn je Milchkuh wird aus wirtschaftlichen Gründen etwa jährlich ein Kalb getötet, entweder bald nach der Geburt wie häufig in Amerika bei reinen Milchrassen (Mästen lohnt sich nicht) oder nach kurzer oder langer Mastdauer; und schließlich wird auch einmal die Kuh zur „Wurstkuh“, früher meist nach ca. 15 Jahren, heute häufig schon nach fünf oder sechs.


Zur Käseerzeugung (außer für diverse Frischkäsesorten) wird Lab(ferment) bzw. das darin enthaltene Enzym zwecks Gerinnung benötigt. Lab-Enzym kann aus nach dem Schlachten milchsaugenden Kälbern entnommenen Labmägen extrahiert werden (tierisches oder Na-turlab), es kann aber auch mikrobiell oder aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen gewonnen werden, unter Mithilfe tierischer oder nichttierischer Nährmedien. Letzterenfalls ist es echt vegetarisch.


Lab wird nur in geringsten Mengen eingesetzt und großteils mit der Molke abgeschwemmt. Berglandmilch bezifferte uns gegenüber den Gehalt in Schnittkäse/Hartkäse - hier wird die größte Menge Lab zugegeben - mit etwa 0,000 006%. Laut wikipedia verbleiben in einem Kilogramm Käse nur ca. 0,0004 bis 0,0008 Gramm Labenzym – entspricht 0,4 bis 0,8 ppm (Teile pro Million). (Die zur Gewinnung des Enzyms erforderliche Menge an Labmagen ist natürlich erheblich größer). Lab hat also eher eine Art Katalysatorfunktion, etwa vergleichbar den teils in der Obstsäfte/Wein- und manchmal auch in der Zuckerproduktion ähnlich einem Sieb aus Tierhaaren verwendeten tierischen Hilfsstoffen.


Aus Tierschutzsicht ist die Labfrage weniger bedeutsam. Kaum ein Kalb wird des Labs wegen geschlachtet. Wichtig ist die Frage, wie werden die Tiere gehalten: fast ganzjährig angebunden, im engen Massenstall, oder dürfen sie auf die Weide?


Die einzige uns bekannte in Kettenläden erhältliche Marke, die Weidegang für Kühe verpflichtend vorschreibt, ist „Zurück zum Ursprung“. Wenn Sie Milchprodukte in Lebensmittelmärkten kaufen, empfehlen wir daher
Zurück zum Ursprung (erhältl. bei Hofer).


.
Eine Information der
Gesellschaft für humane Nutztierhaltung
8017 Graz, Pf. 1, Tel. 0720-346 219
office @nutztierhaltung .org
www .nutztierhaltung .org

 

Seite 15 und 16:

Bücher


Lutz Schiering
Kühe – Liebenswürdig Wiederkäuer,
Komet Verlag Köln 2009, 144 Seiten, Harcover, ca.25,5 x 22 cm, 10,30 EUR(A), 9,95 EUR(D)
Lutz Schiering
Schweine – Liebenswertes Borstenvieh

Komet Verlag Köln 2008, 144 Seiten, Hardcover, 10,30 EUR(A), 9,95 EUR(D)


Vor sechzig Jahren hatte noch jeder zweite oder Dritte bäuerliche Großeltern und konnte so die Tiere unmittelbar erleben. Heutzutage sieht ein Kind ein Schwein in der Regel nur mehr im Supermarkt, in kleine Stücke geteilt und verpackt. Oder in meist sehr realitätsfernen Filmen. Bei Rindern ist es nicht ganz so krass, wenigstens in manchen gebirgigeren Gegenden kommen zwar kaum Kühe, doch Kälber auf die Weide. Dennoch nimmt in den Städten der Anteil der Kleinen zu, die sollen sie eine Kuh zeichnen, zum lila Farbstift greifen.


Bücher, die uns über Rind und Schwein auf-klären, sind da interessant. Im Plauderton abseits jeder Lehrbuchmentalität, unterstützt von Fotos fast auf jeder Seite, erzählt uns der Autor von der Herkunft der Tiere, wann sie zum Menschen kamen, ihren wilden Vorfahren, von den vielen Arten, einheimische und Exoten, ihrem Wesen, ihren Bedürfnissen, wie sie einst gehalten wurden und artgerecht gehalten werden sollten, von den verschiedenen Haustierassen, dem Schwein im Volksmund, in der Kunst...


Weniger ausführlich, ohne in einzelne zu ge-hen eher kursorisch wird die heutige meist artwidrige Haltung der Tiere behandelt – bezeichnend geben von den rund 130 Bildern in einem Band nur zwei oder drei einen eher kleinen Einblick in die Massentierhaltung – die Exoten in anderen Kontinenten sind da besser bedacht. Doch appelliert der Autor immerhin an die Konsumenten, Schweinefleisch aus biologischer Haltung zu wählen.


Die eine oder andere seiner Aussage mag diskussionswürdig sein, etwa die, der Mensch sei nun einmal ein Fleischfresser.


Insgesamt sind die Bücher jedenfalls eine wertvolle Hilfe, uns die in der modernen Massentierhaltung zumeist geschändeten Tiere nahezubringen. Wer allerdings über Tages- und Lebenslauf der Nutztiere in den heutigen Massenställen mehr wissen will, müsste sich weitere Informationen suchen.


Ilija Trojanow, Juli Zeh
Angriff auf die Freiheit - Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte, Hanser Verlag München 2009, 176 Seiten, Flexibler Einband, ca. 20,5 x 12,5 cm, 15.40EUR(A), 14.90 EUR(D), 26.90 sFR


Ein wichtiges Buch. Es war ein jahrhundertlanger Kampf mit vielen Rückschlägen, bis die Grund- und Freiheitsrechte, der Schutz der Privatsphäre gegenüber der Staatsgewalt verbrieft waren. Geht es jetzt wieder zurück in die Rechtlosigkeit? Im Machtbereich der USA gibt es faktisch wieder KZs für Menschen, die gefährlich sein könnten. Die unselige ‚Schutzhaft’ ohne Rechtsmittel aus der NS-Zeit, die wir für überwunden glaubten, ist wieder auferstanden, unmenschliche Haftbedingungen und Folter sind legitimiert. Der ominöse 11. September 2001 war ein Markstein. Seither lässt sich mit dem Schlagwort Sicherheit gegen Terrorismus gar manches durchsetzen.


Die Autoren machen mit uns einen Rundgang durchs Szenarium, zeigen uns in Streiflichtern, mit viel Polemik gegen (vornehmlich deutsche) Politiker, was es schon alles, teils auch bei uns an legitimierten In

strumenten zur Schaffung des gläsernen Menschen gibt und was uns noch alles blühen könnte.
Sie werfen die Frage auf, sind die freiheits-beschränkenden Maßnahmen überhaupt ge-eignet, Terror zu verhindern, und verhältnis-mäßig unter Bedachtnahme auf die üblichen Gefahren des täglichen Lebens. Allein Verkehrsunfälle kosten in der westlichen Welt das Hundertfache oder noch vielmehr an Menschenleben als bislang der Terror. Wer sein ganzes Leben lang nur Ohrfeigen ausgeteilt, sprich Bomben geschmissen hat, mag in seeli-sche Verstörtheit geraten, wenn er plötzlich selber eine bekommt. Doch droht deshalb der Weltuntergang? Ist die publizistisch intensive Warnung vor Terror nur Panikmache zwecks Verkaufssteige-rung?


Natürlich läßt sich über manche Thesen der Autoren streiten. Zu kurz kommt m. A. die Erforschung der Ursachen des Terroris-mus.


Die Mächtigen möchten jeden, der sich gegen ihre Ordnung erhebt, zum Verbrecher stempeln. Schon Kaiser Ferdinand, der Gütige, war anlässlich der 1848er Revolution ungehalten: ‚Ja dürfen’s denn das?’ Der Zusammenhang der Terrorakte der letzten Jahrzehnte mit den Konflikten im nahen und mittleren Osten läßt sich wohl nicht leugnen. Wer massenweise Bomben auch auf Zivilisten wirft, mittels Embargo eine halbe Million oder mehr Kinder krepieren lässt, Menschen aus ihrer Heimat vertreibt, mag sich persönlich als Held und Gutmensch fühlen. Die Betroffenen werden seine Meinung kaum teilen. Man muß kein Hellseher sein, um zu vermuten: Es wird sich aus ihrem Kreis immer wieder einer finden, der Schuhe oder Gefährlicheres zurückwirft. Der Wurm krümmt sich, wenn man ihn tritt, sagt das Sprichwort. Ich glaube. nicht mehr zu treten, wäre die beste Terrorbekämpfung.


Das Thema ist auch für Österreich bedeutsam, nicht nur wegen der Anschläge vor dreißig Jahren. Im besonderen auch für NGOs und den Tierschutz. ‚Ein Machtmittel, das eingeführt wurde, um Terroristen zu bekämpfen, kann problemlos auch gegen unbequeme Demonstranten eingesetzt werden’ schreiben die Autoren. In England und Amerika sind ‚Öko-terroristen’ bereits im Visier der Sicherheitskräfte. Wer in Hainburg oder im Wiener Augarten sitzstreikt, ein Terrorist? Schon gesche-hen: Großer Lauschangriff gegen Tierschützer, Wohnung verwanzt wie zu DDR-Zeiten ....


Sagen Sie nicht, mir kann nichts passieren, ich tue nichts Unrechtes. Woher soll die Staatsgewalt das wissen, wenn sie nicht in Ihrem Computer stöbert.

Auch wenn es Sie nicht stört, daß die Polizei heimlich Ihr Tagebuch liest, unversehens können Sie zum Mitglied einer kriminellen Organisation werden. Eine Legebatterie gefilmt, Flugblätter daheim, Leserbriefe geschrieben, Zeitungen archiviert? Alles kann Indiz sein für Ihre Mitgliedschaft. Lesen Sie im Strafantrag gegen die Tierschützer. Ein junger Mann schleppt seine widerstrebende Freundin zu einer Versammlung, die zahlt wenn auch ungern Eintritt, und wird prompt wegen Unterstützung einer verbotenen Verei-nigung verurteilt. Alles hier schon geschehen.

Die Autoren rufen die Bürger auf, sich zu wehren, und auch nicht wegen ein paar lumpiger Rabatte all ihre Kaufgewohnheiten den Handelskonzernen preiszugeben.


E.L.



Kerstin Lautenbach-Hsu:
Vegetarisch kochen – chinesisch
pala-verlag Darmstadt 2009, 180 S. Hardcover, 14 EUR(D), ISBN: 978-3-89566-259-1


Ursprünglich wurde die chinesische Küche vor allem durch Gerichte der armen Bevölkerung geprägt. Dennoch gilt sie als eine der besten und abwechslungsreichsten der Welt. Denn kurze Garzeiten und frische Zutaten, die in Farbe, Geschmack, Aroma und Form aufeinander abgestimmt sind, sind typisch für kulinarische Köstlichkeiten aus dem Reich der Mitte. Die Autorin, die selbst meist die Hälfte des Jahres in China verbringt, hat dort vielen Profiköchen über die Schulter geschaut und viele Restaurants ausfindig gemacht, wo man hervorragend vegetarisch speist.


Bevor Sie sich den Rezepten in diesem Buch widmen, sollten Sie unbedingt die Kapitel über „Land und Leute“ sowie „Die chinesische Küche“ mit Interessantem über Essen in der chinesischen Kultur, Tischsitten, Symbolik der Speisen und den chinesischen Alltag lesen.


Weiter geht es mit einem Kapitel über die Zubereitung der Speisen und was sich so alles in einer chinesischen Speisekammer findet. Von Bambussprossen über Süßkartoffel bis hin zum Sesamöl werden alle für die chinesische Küche typischen Zutaten ausführlich beschrieben.


Die Rezeptesammlung umfasst schließlich rund 100 Originalrezepte aus den verschiedenen Provinzen und lässt die kulinarische Vielfalt des riesigen Landes erahnen. Unterteilt sind die Köstlichkeiten in Vorspeisen und Salate; Gemüsegerichte; Soja, Tofu und Seitan,; Reis, Teigtaschen und Brötchen; Eiserspeisen; Suppen und Mongolischer Feuertopf; Süßspeisen und Gebäck. Klassiker wie Frühlingsrollen, Teigtaschen und gebratener Tofu finden sich ebenso wie Walnüsse mit süßsaurem Gemüse, gebackene Fladen mit Gemüsefüllung oder Mangopudding.


Die Rezepte sind ovo-lacto-vegetarisch. Vorspeisen und Gemüsegerichte sind fast ausschließlich vegan, in Suppen und Süßspeisen finden sich aber reichlich Eier und auch Milch. Die Sammlung von Eierspeisrezepten zeigt, dass Eier in China eine große Bedeutung haben. Sie gelten als Symbol für Fruchtbarkeit. Wird ein Baby geboren, verteilen die Eltern z.B. hartgekochte Eier, um die Geburt des Kindes zu verkünden.


Kurz und gut bietet dieses Kochbuch sicher für jeden Geschmack etwas, das es sich auszuprobieren lohnt.


Viel Spaß beim Nachkochen und Schlemmen wünscht
Ihre Michaela Schaller

 

Büchereingang:


Heike Kügler-Anger
Vegetarisches fürs Fest – Weihnachtliche Rezepte aus aller Welt, pala-verlag 2009


Impressum: anima - Zeitschrift für Tierrechte
Medieninhaber und Verwaltung: Österr. Vegetarier Union, Herausgeber und Redaktion: Arbeitskreis Tierrechte der ÖVU / Erwin Lauppert (E.L.), alle: A-8017 Graz, Postfach 1, Tel. 0316–463 717 und 0720 - 349 056 (fairytel). Email: anima @ vegetarier.at. Die Beiträge geben, soweit nicht ausdrücklich ande-res angegeben lediglich die Meinung der Verfasser, nicht die der ÖVU wieder. Nachdruck nur mit schrift-licher Zustimmung. Fotos, wenn nicht bezeichnet: ÖVU, Druck: Druckwerk, 8020 Graz

Seite 17 und 18

Fliegen klatschen
Sina Walden zum Thema


In der letzten anima berichteten wir - unter einem Gedichtlein von Goethe - über Obama und den Fliegen-Totschlag. Sina Walden, bekannt u.a. als Koautorin von Endzeit für Tiere (1984), verwies uns dazu auf folgende Shakespeare- Stelle:


Shakespeare, Titus Andronicus, 3. Akt
Personen, hier: Titus, ein edler Römer und Heerführer wider die Goten, und Marcus Andronicus, Volkstribun, des Titus Bruder
Bankett bei Titus.(Marcus schlägt mit dem Messer auf den Teller)
Titus: Wonach schlugst du mit deinem Messer. Marcus?
M.: Ich traf und schlug sie tot; 'ne Fliege wars.
Titus: Schäme dich, Mörder: Du erschlugst mein Herz! / Mein Aug ist übersatt von Tyrannei: / Ein Mord, an dem unschuld'-gen Tier geübt / Ziemt Titus' Bruder nicht : - steh auf und geh. / Ich seh, du taugst für meinen Umgang nicht.
Marcus: O Lieber! Eine Flieg erschlug ich nur!
Titus: Wenn nun die Fliege Vater hat und Mutter, / wie senkt er dann die goldnen zarten Schwingen / Und summte Klag und Jammer durch die Luft ! / Harmloses, gutes Ding, / Das mit dem hübschen summenden Gesang / Herflog, uns zu erheitern; und du tötest sie !


Zur Anmerkung, das ganze Werk strotze von Mord, Totschlag, Vergewaltigung, fast als spiele es im 20. Jahrhundert, Sina Walden:


„ Gewiß hat die zitierte Stelle auch einen metaphorischen Bezug. Dem alten Titus ist so Grauenhaftes widerfahren, daß er vor Gram tatsächlich dem Wahnsinn nahe ist. Er leidet furchtbar unter der Ermordung seiner Söhne und der Vergewaltigung und Verstümmelung seiner liebreizenden unschuldigen Tochter. Sein Leiden als Vater und sein Mit-Leiden mit seinem Kind vermischt sich mit der Wahrnehmung des unschuldigen hübschen Tiers, das vor seinen Augen achtlos getötet wird. Sein plötzlich aufbrechendes Mitgefühl mit der Fliege ist eine Frucht seines Schmerzes, der ihn - mindestens für einen Augenblick - durchlässig macht für fremden Schmerz. Sein weniger betroffener Bruder reagiert wie jeder "Normalo" und erklärt ein derartiges Mitgefühl gutmütig für ein Zeichen der Verwirrung; schnell-schnell holt er den Titus in die Normalität von Mord und Totschlag zurück. Das poetische Genie Shakespeares aber läßt das ozeanische Gefühl des Mitleids mit allen Opfern dieser ungerechten Welt in seiner grenzenlosen Tiefe aufbranden, mit wenigen Worten, ohne jede Ironie oder Überheblichkeit. Ich finde, daß dieses unbeachtete Stück Dichtung einen Platz in der Erinnerung verdient. Mitten in der Nor-malität unserer Drogerien, voller Regale mit Insektenvernichtungsmitteln..“


Als die anima vor Jahren das Gedicht Ernst Frieds ‚Zu guter Letzt‘ brachte, welches unbeschadet der tieferen Bedeutung von der Rettung von Insekten handelt, sandte uns eine Dame einen groben Brief nebst Abbestellung. Da war ihr zu viel der Hirngespinste.


Sina Walden führt zur Sache weiter aus:
„ Unser Themenbereich "Tiere" ist so riesig - was geographische, historische, kulturelle, politische, naturwissenschaftliche, philosophische, religiöse, psychologische, ernährungsbe-zogene u.v.v.a. Gebiete betrifft - daß es un-möglich ist, über sämtliche Aspekte eine einheitliche Meinung herzustellen; selbst nicht unter denen, die sich explizit für Tierschutz und Tierrechte einsetzen. Ich erinnere mich z.B. daran, wie wir in der Münchner Gruppe, die sich zuerst als "Tierversuchsgegner" gegründet hatte, darüber stritten, ob wir - wie einer vorschlug - uns auch für Zirkustiere ein-setzen sollten. "Denen geht's ja noch gold" ... . Und Jahre dauerte es, bis wir die "Nutz"tierhaltung, das Schlachten, den Vegetarismus in unsere Aktivitäten einbezogen - die anfängliche Abwehr gründete sich darauf, daß die Leute durch die Aussicht, nun auch keine Schnitzel und Weißwürste mehr essen zu sollen, abschreckt würden, gegen das Grauen der Tierversuche ihre Unterschrift zu geben. Nach und nach erweiterten sich jedoch die Themen ...

Es ist nur natürlich, daß sich da-durch Zersplitterungen ergaben, als Negativum wird dabei immer der "Streit" hervorgehoben, der zwischen einigen - oft in der Tat unvereinbaren - Positionen entsteht, aber es ist bei der Überfülle der Arbeit auch Positives darin zu sehen, daß Gruppen/ Organisationen/ Einzelne sich spezialisieren bzw. professionalisieren oder ihren jeweiligen strategischen Weg als erfolgversprechend verfolgen.


Bedenklich finde ich es allerdings, wenn Tierarten gegeneinander ausgespielt oder ganz ausgeklammert werden, weil sie in ein Konzept nicht hineinpassen. Kein Mensch kann sich um alles kümmern und keiner alles richtig machen, aber eins scheint mir doch übergreifend zwingend für alle, die an dem Verhältnis Mensch-Tier etwas ändern wollen: der Respekt vor jeder tierlichen Lebensform, egal welcher man bevorzugt helfen möchte. - Und damit bin ich bei den Fliegen. Wenn "anima"-Leser sich von Euch losgesagt haben, weil jemand mal was Gutes über Fliegen gesagt (oder gedichtet) hat, ist das kein Grund, sich deren Ansicht zu beugen.


Insekten sind zugegebenerweise ein Spezialfall für Tierrechtsdiskussionen. Wenn man ihre Schutzwürdigkeit mit ihren kognitiven oder emotionalen Eigenschaften begründen wollte, käme man schnell an die Grenzen unseres Wissens. Einer einzelnen Biene einen Rechtsstatus als "Person" zugestehen zu wollen, überzieht den von Menschenrechten abgeleiteten Personenbegriff.

Leidensfähigkeit, Bewußtsein, Todesangst - was wissen wir, was ist unmittelbar einleuchtend und fordert zur Rücksicht auf ein einzelnes Insekt heraus? Esoteriker haben deshalb schon Sonderbarkeiten wie die "Gruppenseele" erfunden. Arten-und Umweltschützer können gut mit Nütz-lichkeitsgründen und ökologischen Kreisläufen argumentieren.
Aber es gibt sehr wohl Menschen, und gar nicht so wenige, die spontan Empathie für Insekten haben und keine naturwissenschaftlichen oder philosophischen Begründungen abwarten, um einem Insekt gegenüber freundlich zu sein, sein Leben zu retten und es nicht als beliebig zu tötendes "Ding" zu betrachten.


Wenn wir die Frage nicht von dem Insekt her angehen, von dessen Innenleben wir so gut wie nichts wissen (wissen können?), sondern von dem Menschen, wie er sich zu ihm verhält, dann zeigt sich leicht der Grad seiner Sensibilität, die wiederum seine Fähigkeit zu Mitgefühl für alle nichtmenschlichen und menschlichen Lebewesen begründet, Wissen hin oder her. Ob einer eine lästige Fliege hinauswedelt - oder mit der Fliegenklatsche auf sie losgeht, ob er Schutznetze oder dgl. gegen größere Belästigungen baut oder Giftspritzen benutzt, ob er einen Käfer absichtlich zertritt, weil der gerade auf seinem Weg liegt, oder ob er ihn an den Wegrand trägt, damit er von niemandem zertreten werden kann - sagt das nicht viel über ihn aus? -

Eine Freundin erzählte mir mal, wie sie als Studentin in London Erich Fried besuchte und ihn kniend auf seiner Treppe antraf, weil er, der Kurzsichtige, ein Insekt unverletzt von den Stufen wegzubringen suchte. Macht das seinen glühenden Pazifismus nicht noch glaubwürdiger? Berühmt ist Albert Schweitzers Verhalten, der in den drückend schwülen afrikanischen Nächten bei geschlossenen Fenstern zu arbeiten pflegte, damit keine Insekten in seine Lampe fliegen konnten. Schmälert diese Empathie denn seine wegweisende Leistung als Philanthrop, als Menschenfreund, oder ist sie nicht vom gleichen Stoff, der ihn zu seinem Einsatz für die damals verachteten Schwarzen brachte?

Mir scheint, daß das weltweite Aufsehen, das Obamas Zerklatschen der harmlosen Fliege samt dem rohen Kommentar (so, den sucker hab ich erwischt!) erregt hat, nicht zufällig ist - es paßt so gar nicht zu dem Bild, das er in der Welt abgibt. Eher unbewußt hat wohl manch einer leise Zweifel an der Echtheit seines Friedens-und Gerechtigkeitsprogramms empfunden. Schade.


Ü brigens habe ich in der ARD vor ein paar Tagen zufällig einen kleinen Beitrag von dem in Wissenschaftsfragen sehr zuverlässigen Ranga Yogeshwar (von Haus aus Physiker) gesehn, in dem er (in Zeitlupe) zeigte, wie eine Fliege auf eine sich nähernde menschliche Hand reagiert: sie benutzt ihr mittleres Beinpaar, um sich nach rechts, links, oben oder unten abzustemmen und blitzschnell genau in die entgegengesetzte Richtung zu entfliegen. Ranga schloß logisch, daß dieses Verhalten mit reinem „Instinkt“ nicht hinreichend zu erklären ist. Da funktioniert ein innerer Vorgang, der situationsgemäß eine Entscheidung treffen und einen Entschluß fassen kann, mag das Fliegengehirn noch so winzig sein. „Das sollte uns vielleicht gnädiger im Umgang mit Fliegen machen...“ kommentierte der sanfte Inder. - So etwas hilft ja auch, den dummen, ständig unreflektiert tradierten „Ekel“ vor Insekten abzubauen, die hypertrophierte „Angst“ vor ihnen (von ziemlich vielen Filmen gefördert), den Sauberkeitswahn, der sie grundsätzlich als eine Art Unrat betrachtet. Ich denke, daß es sich bei dem so leichten Töten kleiner Insekten um eine Frage der Erziehung handelt, nicht um einen angeborenen Reflex. Immerhin gibt es ja auch die Jain in Indien, die mit einem Besen die Insekten vor sich auf dem Weg zur Seite kehren und einen Mundschutz tragen, um keins versehentlich zu verschlucken. Dagegen wirkt das abendländische Konzept der absoluten Verachtung ganz schön grob.“

 

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Seite 18 und 19:

Agenten der Tierquäler oder unnütze Idioten?

„Das Jagdhaus des Novartis-Chefs Vasella von militanten Tierschützern in der Gemeinde Bach im Tiroler Außerfern in Brand gesteckt“, so ungefähr stand es anfangs August in Zeitungen. (Nebenbei, es war nicht das Jagdhaus sondern nur die Fassade des zugehörigen Wirtschaftsgebäudes). Prompt hat sich auch – laut Medien ein angeblicher Österreich-Ableger der militanten Tierschutzorganisation MFAH (Militant Forces against Huntington Life Science) zum Brandanschlag bekannt und mit wei-teren Aktionen gedroht. Nur, waren es wirklich Tierschützer?


Der Konzernchef ist (laut Welt) der Topverdieners der Schweizer Managergilde; der Schaden wird ihn finanziell nicht sonderlich tangieren. Wohl aber ist es für die zehn österreichischen Tierschützer von essentieller Bedeutung, ob gegen sie Anklage erhoben wird oder nicht, denn jeder Prozess dieser Dimension bedeutet für die Angeklagten schon wegen der Rechtsanwaltskosten auch im Falle eines Freispruchs den wirtschaftlichen Ruin.


Der Brand geschah, ehe es zur Anklage kam. Jedem, der einigermaßen bei Trost ist, musste es klar sein: ein Terroranschlag zu diesem Zeitpunkt kann wenn überhaupt nur eines bewirken, die Wagschale zugunsten einer Anklage zu gewichten. Sie kennen den uralten galizischen Witz: „Sagt der Klient zu seinem Advokaten: Ich hab’ dem Richter eine fette Gans geschickt. – Der Advokat: Um Himmelswillen, der Richter haßt Bestechungsversuche. – Ich weiß, drum hab ich auch die Visitenkarte meines Gegners beigelegt.“

Dem Gegner Ü-beltaten zu unterschieben, ist eine bekannte und in der Geschichte oft angewandte Übung. Gerade jetzt im oberösterreichischen Wahlkampf gab es zu dem Thema Streit. Also, wer hat das Objekt angezündet – Tierschützer oder ihre Gegner?


Organisationen deutscher Rechtsradikaler waren vom dortigen Verfassungsdienst unterwandert, auch in die eine oder andere hiesige Tierrechtsgruppe wurde von wem auch immer der eine oder andere Lockspitzel eingeschleust. Lenin hat den Begriff „nützliche Idioten“ geprägt. Wenn etwa ein Tierfreund einfachen geistigen Zuschnitts zündelt, muß er noch lange nicht der Anstifter sein.
Der Brand hilft den Tieren nicht, wohl aber hilft die Vernichtung aktiver Tierschützer Leuten, denen Tierschützer ein Dorn im Auge sind. Also, wer waren die Urheber der Tat?


Laut Pressemeldungen kam es in letzter Zeit in der Schweiz zu einigen Brandanschlägen gegen die Autos von Novartis-Mitarbeitern. Auch das Grab der Mutter Vasellas in Chur wurde geschändet, ihre Urne gestohlen. Man vermute, das Werk von "Stop Huntingdon Animal Cruelty (SHAC)". SHAC verlange, dass Novartis die Zusammenarbeit mit dem britischen Tierversuchslabor Huntingdon Life Sciences beendet. Laut Vasella sei diese längst beendet.


Demoliert jemand eine Kellertür und befreit eine dahinter gefangene Frau, wird ihm die Zustimmung der Menschen gewiß sein. Wiewohl das Demolieren an sich eine Straftat ist. Auch wer in einen Massentierstall eindringt und dort krasse Tierquälereien dokumentiert, wird außer bei den Tierhaltern und ihren politischen Beschützern auf viel Sympathie treffen.

Häuser anzünden und Gräber schänden ist dagegen die beste Methode, sich die Sympathie der Bevölkerung zu verscherzen und die Politiker zu scharfen Gegenmaßnahmen zu zwingen. Viele SHAC-Aktivisten wurden in England für ihre Kampagne bereits zu teils langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Die Polizei schätzt, steht in Zeitungen, dass mittlerweile rund drei Viertel der militantesten britischen Tierschützer hinter Schloss und Riegel stecken. Ist es glaubwürdig, dass die restlichen durch Terror in unserem Land österreichischen Tierschützern schaden wollen?


Es bleibt die Frage, wer waren die Urheber der Brandstifung in der Gemeinde Bach.


Erwin Lauppert

 

Ein Rechtsstaat
Daß Zivilprozesse russischem Roulette ähneln, ist bekannt. Angesichts der Kosten bedeutet einen Prozeß verlieren häufig den finanziellen Ruin. Ob es ein rechtstaatliches Positivum ist, faktisch nur Reichen oder sehr gut Versicherten den Zugang zum Recht zu erlauben, sei dahingestellt.
Nicht so bekannt ist, daß nicht nur die Verurteilung, sondern auch der Freispruch in einem längeren Strafprozeß finanziellen Ruin bedeutet. Der VgT vermutet, der Prozess gegen die zehn Tierschützer werde 3- 6 Monate dauern (der Gerichtsakt sei ca. 200.000 Seiten dick); diese würden, weil sie bei Gericht sein müssten, ihre Arbeitsplätze verlieren; die Anwaltskosten je Angeklagten betrügen mindestens 60.000 Euro, sie werden auch bei Freispruch i. w. nicht zurückerstattet.

 


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