Inhalt Nr.2/2010

 

Die Sommernummer 2010 der anima ist Ende Juni erschienen.
Fordern sie eine Probenummer an!

 

Aus dem Inhalt:

 

Ein Philosoph für die Tiere
H.F.Kaplan im Interview ........................ 3


Im sonnigen Kärnten
Die vegetarische Hotelpension Biolandhaus Arche ........... 8

Nur ein Hund
Die Innenministerin und die Cobra ............ 10


Adalbert Stifter und Arthur Schopenhauer


Vegetarische Informationen ................ 12


Ges. f. humane Nutztierhaltung
Konsumenten-Information .................. 13


EU definiert ‚Vegetarisch’ und ‚vegan’
– ..... 16


Vitamin B12

Glossen:
Nordkorea und AMA
Naturverbunden’


Notizen ................................................ 17


Buecher
Tanja Busse, Die Ernährungsdiktatur – 18
Dudo Erny, Die Grünschwätzer – Rainer E.Wiedenmann, Tiere, Moral und Gesellschaft – Lena Brorsson Alminger, Schwedisch backen –
Herbert Walker, Vollwertig kochen für mich


Missbrauch an Polizeischülern? .......... 22


Impressum


Öffentlichkeit’ bei Gericht ................... 23


Der Papst Boss einer kriminellen Organisation? ............. 24

 

Seite 1

Friede der Kreatur

Spinnen waren mir auch zuwider
All meine jungen Jahre,
Ließen sich von der Decke nieder
In die Scheitelhaare,
Saßen verdächtig in den Ecken
Oder rannten, mich zu schrecken,
Ü ber Tischgefild und Hände,
Und das Töten nahm kein Ende.
Erst als schon die Haare grauten,
Begann ich sie zu schonen,
Mit den ruhiger Angeschauten
Brüderlich zu wohnen;
Jetzt mit ihren kleinen Sorgen
Halten sie sich still geborgen,
Läßt sich einmal eine sehen,
Lassen wir uns weislich gehen.
Hätt ich nun ein Kind, ein kleines,
In väterlichen Ehren,
Recht ein liebliches und feines,
Würd ich’s mutig lehren,
Spinnen mit dem Händchen fassen
Und sie freundlich zu entlassen;
Früher lernt‘ es Friede halten,
Als es mir gelang, dem Alten!

Gottfried Keller
(1819 -1890)

 

Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser

Dann wohnt der Wolf beim Lamm ... ein zoologisch versierter Leser hat uns dankenswert gefragt: Wie passt die Illustration in der Frühjahrsnummer – Schaf und Kojote – zum Bibelspruch. Nun, dass aus einem verschonten Lamm ein Schaf wird, ist klar; doch dass die Amerikanisierung unseres Lebens vor der anima nicht stehen bleibt, bedrückt uns. Andererseits, wäre das Paradies vollkommen, läge nicht auch der nord-amerikanische Präriewolf vulgo Kojote beim Lamm?


Nun zu ernsteren Dingen. Der Tierschüt-zer-Prozess in Wiener Neustadt zieht sich hin, bis dieses Blatt in Ihren Händen ist, sind es bald vierzig Verhandlungstage. Den skurrilsten je in Österreich geführten Prozess, eine Justizgroteske hat ihn die Wiener Presse unlängst genannt, die Richterin habe alle Hände voll zu tun, möglichst viele Fragen der Tierschützer nicht zuzulassen. Derzeit sieht es nicht danach aus, als würde am Ende ein ausgewogenes und richtungsweisendes Urteil verkündet werden. Aber der Prozess dauert ja noch lang. Endlos lang...’


Die anima hat nie einen Zweifel gelassen, dass Gewaltakte, um Firmen zu schädigen, letztlich dem Tierschutz schaden, daher dumm sind und uns nichts als den Polizei-staat bringen, und die Täter die rechtlichen Folgen tragen sollen und müssen.
Unbeschadet dessen, welche Schlüsse sind aus dem Prozessgeschehen für die Gesetzgebung zu ziehen?


Dass der § 278a Strafgesetzbuch, auf dem der Strafantrag beruht, in seiner jetzigen Form demokratiegefährdend ist, wurde schon mehr als genug erörtert.
Ein paar weitere Punkte, ohne Anspruch auf Systematik:
Ist es verwaltunsökonomisch sinnvoll, jahrelang Demonstrationen zu genehmigen, um dann zu sagen, ätsch, das war schwer Nötigung?
Ein Prozess dieser Art tötet den Angeklagten wirtschaftlich, auch bei Freispruch. Sollte die Frage, ob ein solcher Prozess begonnen werden darf, nicht einem Richtergremium überantwortet werden?
Der Angeklagte braucht zur Verteidigung eigentlich eine Kopie des Gerichtsaktes. Die würde ihm nach dem exorbitanten Ge-richtstarif 100.000 ¤ kosten.
Warum darf nach geltendem Recht einem Gerichtssachverständigen zur Klärung von Zweifelsfragen kein Partei-Sachverständiger Fragen stellen? Warum darf der Gerichtssachverständige nicht einmal gefragt werden: Was sagen Sie dazu, dass ein von Ihnen dem Angeklagten zugeordnetes Schriftstück dem Augenschein nach die Unterschrift eines anderen trägt?
Warum wird ein Prozess in Wiener Neustadt, geführt, wenn fast alle Angeklagten 50 km entfernt in Wien wohnen und die meisten Delikte angeblich in oder jedenfalls nicht im Rayon Wr.Neustadt geschehen sein sollen? ....


Das Gerichtsverfahren läuft, doch der Terror geht weiter, der Terror gegen die Tiere. Wir sind überzeugt, Sie liebe Leserinnen und Leser tun als Konsumenten alles in Ihrer Macht stehende, um Tierleid zu mindern.


Wir wünschen Ihnen sonnige Sommertage
Ihre anima Redaktion

 

Seite 3 bis 7

Ein Philosoph für die Tiere
Helmut F. Kaplan zu Fragen der Tierethik

Unseren Lesern ist der Philosoph und Psychologe Dr. Kaplan, der wohl bekanntes-te Anwalt der Tierrechtsethik im deutschen Sprachgebiet, durch zahlreiche Artikel vertraut. Im folgenden uns freundli-cherweise zur Verfügung gestellten als Interview gestalteten Beitrag, er ist ähnlich schon in anderen Medien erschienen, erläutert Kaplan seine Gedanken und Beweggründe.


Frage 1) Gab es, Herr Kaplan in Ihrem Leben Menschen, die Sie in Ihrer Ent-wicklung – speziell in Bezug auf die Tier-rechtsethik – besonders geprägt und be-einflusst haben, die vielleicht sogar Vor-bilder für Sie sind?


Ich arbeite seit etwa 1987 publizistisch und philosophisch in der Tierrechtsbewegung. Dabei ging es mir von Anfang an mehr darum, vorhandene Konzepte zu vermitteln bzw. nutzbar zu machen, als diese zu verfeinern oder neue zu schaffen. Besonders fruchtbar finde ich Peter Sin-gers Gleichheitsprinzip, Tom Regans Rechte-Ansatz - quasi als „Gegengift“ zu Singers utilitaristischer Argumentationsschiene - und Schopenhauers Mitleidethik. ... ... ...

Fortsetzung siehe die Papierausgabe der anima

 

Seite 8 -9

Im sonnigen Kärnten
Die vegetarische Hotelpension Biolandhaus Arche


Am Westhang des langgestreckten bis über 2000 m hohen Höhenzugs der Saualpe thront 930 m hoch das Biolandhaus Arche, ein paar Kilometer oberhalb des Marktes Eberstein, ewa 30 km nordöstlich Klagenfurt. Die anima sprach mit Herrn Ilmar Tessmann von der Besitzerfamilie.


anima: Vegetarische Pensionen und Hotels sind in Österreich dünn gesät. Wenn wir recht informiert sind ist das Biolandhaus Arche der einzige vegetarische Beherbungsbetrieb in Kärnten.


Tessmann: Das kann gut sein, nun wir haben vor 25 Jahren eine Entscheidung getroffen und diese durchgezogen.


Was hat Sie bewogen, einen vegetarischen Betrieb zu gründen? Waren es primär ideelle oder geschäftliche Gründe, etwa eine Marktlücke zu füllen?
Da gibt es mehrere Ansätze, erstmals eine pragmatische. Bei 25 Betten muss man sich entscheiden, entweder so oder so und unsere Entscheidung, war dann vegetarische Vollwertküche, da es gesünder ist, da es der Umwelt nutzt und ethisch klar ist


Weshalb gerade am Hang der Saualpe? Haben Sie besondere Bindung an diese Gegend?
Nun meine Mutter hat hier ein Grundstück geerbt, das ist der Grund, wieso wir in dieser schönen Gegend sind, der Platz ist malerisch und hat ein traumhaftes Panorama


Kärnten ist zwar das österreichische Sommer-Fremdenverkehszentrum, Ihr Hotel liegt aber doch etwas abseits War dies eine gezielte Wahl oder hat es sich einfach so ergeben.


Nun die Hummel hat aufgrund ihres Gewichts zu kleine Flügel und könnte laut Physik nicht fliegen, die Hummel weiß das nicht und fliegt trotzdem. So war es wohl bei uns auch, auf diesem Standort würde kein Touristiker ein Hotel bauen, Insellage, kaum Infrastruktur, vor allem die Vision der Eltern hat das alles möglich gemacht. Man wollte nie nur ein Gasthaus sein, sondern es ging auch um Werte, die es zu vermitteln galt.


War es anfangs schwer Fuß zu fassen? Oder offensichtlich eine Marktlücke?


Die ersten Jahre waren sicherlich nicht sehr leicht. Wir haben 1985 eröffnet und in den 90igern lief es schon besser, trotzdem 2000 standen wir vor der Entscheidung, investieren oder es bleiben lassen und wir haben investiert und dann den Umsatz verdoppelt. Ja es ist heute eine Marktlücke, aber wir sind das. 1. Ökohotel Österreichs, das heißt wir tragen das Umweltzeichen 001, sind das erste kontrollierte Biohotel Kärntens, wir haben diese Bewegung mitgeprägt


Sie werben mit Bio, Öko, Vollwertkost. Dass Ihre Vollwertkost (l/o)vegetarisch ist, steht auf Ihrer website mehr im Kleingedruckten. Gründe hiefür? Wirkt das Wort vegetarisch abschreckend auf potentielle Gäste?


Nun, wir haben das nie mit dem Verbotsschilde beworben, was sollen wir machen, auf der Titelseite quer über die Seite zu schreiben, Achtung! da gibt es kein Fleisch, kommt nicht. Es steht, dass es jeder findet. Von unseren Gästen, werden 40 % reine Vegetarier sein, der Rest sind Gäste, die selten Fleisch essen, oder die viel von unserer guten Küche gehört haben. Vegetarisch schmeckt besser, ist besser, aber das Würzen muss die Küche auch kennen. Wir sind auch rauchfrei und haben heute viele Gäste, die rauchen, eben vor der Türe, nicht im Haus. Es geht darum, dass sich die Gäste gern auf ein Erlebnis einlassen, wir haben eine Botschaft, aber es wird niemanden was aufgedrängt. Was auch klar ist, niemand will Bilder von leidenden Tieren oder so was sehen, das ist Urlaub. Ich trage meinen Teil bei, aber so wie ich es für richtig halte. Wir haben als Köche auch Verantwortung für die Gesundheit der Gäste, wie die Mutter für ihre Kinder. Ich wäre für eine Kennzeichnung auf der Speisekarte, wie die Lebensmittel produziert werden und welche Zusätze drinnen sind. Kunstkäse und Ähnliches müssen gekennzeichnet werden. Da leidet auch die Volksgesundheit und wir alle mit. So wie wir kochen, also ohne Mikrowelle, keine Friteuse, weitestgehend alles frisch. Aus der TK kommen allemal die Erbsen, sonst wird alles selbst gemacht, keine Geschmacksverstärker, Handarbeit par excellence, wirklich frisch auf den Teller.


Wie konnten die Gäste geworben werden? Woher kommen sie vor allem, aus Österreich, aus Deutschland? Überwiegen die Stammgäste?


Nun, die ersten Jahre 80 % Deutsche, der Anteil der Österreicher hat zugenommen und macht heute schon 40 % aus, 45 % Deutsche, der Rest Ungarn und Italien und vereinzelt andere Länder. Wir haben natürlich Gott sei Dank viele Stammgäste, aber die Werbung läuft heute über Buchungssysteme, da braucht es auch viele neue.


Was bietet Ihr Betrieb besonderes?


Nun die vegetarische Vollwertküche ist der Buchungsgrund Nummer 1, dann die Lage mit traumhaften Blick, dann die Zimmer baubiologische mit viel Holz und Lehm (viel Sauerstoff, so gut wie kein Elektrosmog), dann die Angebote, Massage, Skenar Schmerztherapie, Kinderprogramm mit Lamatrekking und die Seminare mit Yoga, Rutengehen, indianische Heilweisen etc.


Beschreibung des Betriebes, Angaben über Zahl der Zimmer, Betten.


16 Zimmer, 25 bis 35 Betten, Alleinlage mit Blick über halb Kärnten, 40 Sitzplätze, zwei Seminarräume zu 40 und 80 m_, Sauna 80 m, 1ha Grund rund ums Haus, Kinderspielgeräte, Feuerstätte, Schwitzhütte.


Sind die Speisen vorwiegend lakto/ovo-vegetarisch oder vegan?


Unsere Küche ist ovo-lacto-vegetabil, wobei Eier sehr reduziert gebraucht werden, in letzter Zeit nimmt mit der Unverträglichkeit der Milch auch die vegane oder auch die Unverträglichkeitsküche stark zu, vor allem bei Milch und Weizen. Wir sagen immer mit Ei und Rahm kann bald jemand kochen, wir reduzieren hier sehr stark, auch die Grundsätze Brukers, kein weißes Mehl und keinen weißen Zucker, werden eingehalten


Preisniveau


Halbpension von 50 Euro im Doppelzimmer, bis 65 Euro im Appartement pro Person plus Ortstaxe.


Wie lange voraus muß man reservieren?


Das hängt vom Termin ab, die Wochenenden sind stärker gebucht, den Sommerurlaub 2 Monate vorher, sonst einfach anfragen.

Sollte es Ihrer Erfahrung nach mehr vegetarische Pensionen geben?


Natürlich sollte es, aber es fehlt auch an der Ausbildung der Köche, diese können oft damit nichts anfangen, am ehesten, wenn diese ayurvedische Kenntnisse haben, da haben wir auch weitergebildet, wir haben jetzt auch vedische und indische Küchenelemente ebenfalls eingebaut. Vegetarische Küche hat Zukunft, ist leichter, gesünder, besser und nebenbei tut man was für die Umwelt und die Moral der Welt.
Ü brigens, Mutter Rosalinde Tessmann hat ein Biokochbuch herausgebracht, für 14 Euro gerne zu bestellen.


anima: Wir danken für das interessante Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg!

Biolandhaus Arche, Tessmann KG, Vollwertweg 1a, A-9372 Eberstein-St. Oswald, T.0043-4264-8120, Fax - 8120-20,
bio.arche@hotel. at, bio.arche.hotel.at

 

Seite 10 -11

Nur ein Hund
Was ist unserer Innenministerin das Leben eines Hundes wert?


50 Polizisten im Einsatz. Erfolgsbilanz: ein toter Hund und eingeschlagene Türen.
Vor ein paar Wochen stürmten ca. 50 Cobrabeamte im Waldviertel/NÖ die Wohnungen angeblich Verdächtiger im Falle der vor vier Jahren verschwundenen Julia Kührer. Ergebnis: die drei als verdächtig Festgenommenen wurden noch am selben oder nächsten Tag vom Haftrichter freigelassen, der Haushund eines der Betroffenen, der als die Cobra die Wohnungstür eintrat, möglicherweise die Zähne fletschte, erschossen. Muss das sein?


Dazu eine Anfrage an unsere Innenministerin Frau Dr. Maria Fekter:


Sehr geehrte Frau Bundesministerin,


Ein Hund hält gesund, haben wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen, ein Vorteil nicht nur für den Hundehalter sondern auch für Gesellschaft und Volkswirtschaft, meinte kürzlich der Zoologe Kurt Kotrschal in der Wiener Presse.


Es steht auch außer Streit, manchmal muss ein Mensch verhaftet werden. Zu Zeiten der Gestapo genügten dazu meist zwei Beamte. Heute gibt es dafür die Cobra. Sie kommt mitunter im Morgengrauen durch die geschlossene Wohnungstür, reißt Menschen aus den Betten, hält ihnen die Pistole an den Körper, so zumindest der eine oder die andere Betroffene.


Das muss wohl so sein, wir leben ja nicht mehr in Gestapozeiten, in einer menschenverachtenden Diktatur, bei uns gelten Menschenrechte und wie heißt es so schön im Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit: Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln.


Mein Brief bezieht sich aber nicht auf die Sinnhaftigkeit manches Cobra-Einsatzes und Gebarens aus der Sicht der Menschenrechte und der Verwaltungsökonomie – wenngleich da die Verständnisfähigkeit manchmal sehr strapaziert wird: weshalb ein solcher Aufwand gegenüber Bürgern, von denen nach menschlichem Ermessen Widerstand gegen die Staatsgewalt nicht zu erwarten ist? Würde die Spezialeinheit gegen alkoholisierte Randalierer bei Wirtshausraufereien eingesetzt, wäre das eher begreiflich.


Meine Frage gilt den Hunden. Es gibt etwa eine Million davon in Österreich, meist Heimtiere in enger Hausgemeinschaft mit Menschen, geliebte Mitbewohner. Und es gibt viele Cobra-Einsätze, laut wikipedia 468 Festnahmen, 163 Hausdurchsuchungen allein im vergangenen Jahr. Dass Cobra und Hunde zusammentreffen, ist daher sehr wahrscheinlich. Und dass manche Hunde ihrer Art entsprechend Eindringlingen gegenüber, mögen die auch gesetzlich befugt sein, eine drohende Haltung einnehmen, auch.


Das hat wie sicher bekannt unlängst zur Tötung eines Hundes geführt, vielleicht weil man die Cobra-Leute diese Art des Verkehrs mit Hunden gelehrt hat. Obwohl es anders ginge. Hunde ruhig zu stellen, ist keine große Kunst, es bedarf nur etwas Schulung und Beistellung technischer Hilfsmittel und Kleidung. Dem Vernehmen nach lässt das Innenressort mit beachtlichem Zeit- und Kostenaufwand Polizeischüler den Ablauf eines Tierschutzprozesses langzeitig miterleben. Das stärkt meine Hoffnung, der Wunsch ein paar Polizisten auch in freundlicherer Hundebehandlung auszubilden, findet Ihr Wohlwollen.
Nicht wenige Tierfreunde interessiert Ihre Einstellung, sehr geehrte Frau Innenministerin, zu diesem Thema: Beabsichtigen Sie die zur Schonung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen oder möchten Sie das Hundeumbringen weiterhin hinnehmen?


Abseits dieses Hauptpunktes noch eine Nebenfrage: In einem Kurier-Interview behauptet einer der im Fall Kührer kurzfristig Festgenommenen angeblich:
Es hat geläutet. Ich bin zur Türe und hab noch gesagt, ,Ich komme schon'. Da ist mir die Tür schon entgegengekommen. Die Cobra ist hereingestürmt. Es ist alles so schnell gegangen. Die waren gar nicht zimperlich. (Er zieht sein T-Shirt hoch und zeigt einen großen Bluterguss im Rippenbereich). Ich bin am Boden gelegen und konnte mich nicht mehr rühren. Das war brutal.


Da hier faktisch Cobra-Beamten vorgeworfen wird, ihr Einschreiten hätte zu einer Verletzung geführt, möchte ich anregen, die Öffentlichkeit zu informieren, ob es sich tatsächlich so verhalten hat und wenn ja, warum wenn 10 oder 12 Schwerbewaffnete einem vermutlich Halbnackten gegenüberstehen, eine Festnahme nicht ohne Verletzung möglich ist.


Mit vorzüglicher Hochachtung
Erwin Lauppert


Die Frau Innenministerin schweigt.

 



Arthur Schopenhauer
1788 – 1870


Mitleid


Die von mir aufgestellte moralische Triebfeder bewährt sie als echte ferner dadurch, dass sie auch die Tiere in ihren Schutz nimmt, für welche in den andern Europäischen Moralsystemen so unverantwortlich schlecht gesorgt ist. Die vermeinte Rechtlosigkeit der Tiere, der Wahn, dass unser Handeln gegen sie ohne moralische Bedeutung sei, oder, wie es in der Sprache jener Moral heißt, dass es gegen Tiere keine Pflichten gebe, ist gerade eine empörende Rohheit des Okzidents.
Mitleid mit Tieren hängt mit der Güte des Charakters so genau zusammen, dass man zuversichtlich behaupten darf, wer gegen Tiere grausam ist, könne kein guter Mensch sein. Auch zeigt dieses Mitleid sich aus derselben Quelle mit der gegen Menschen zu übenden Tugend entsprungen.

 

Adalbert Stifter
1805 – 1868

Als mein Hund starb


Mein größerer Hund erkrankte vor zwölf Tagen. Anfangs hielten wir es nicht für bedeutend, weil das Tier bisher ausnehmend gesund war; aber nach einigen Tagen wurde die Sache bedenklich, ich kam in große Unruhe und pflegte das Tier, wie man fast einen Menschen pflegt, ich stand nach Mitternacht auf und heizte ihm in meinem Zimmer, das ich ihm eingeräumt hatte, ein. So tat ich auch heute morgen um zwei Uhr. Das Tier ging noch auf mich zu und wedelte. Es hatte, damit es sein Wasser finden könne, ein Nachtlicht im Zimmer. Heute um siebeneinhalb fand ich es tot. Es wurde im Garten begraben. Ich habe aus Kummer mehrere Tage nichts gearbeitet, und es dürften noch drei bis vier Tage in Betrübnis vorübergehen.
Man kann da an mir sehr tadeln; aber ich, sage: Wenn es Gott der Mühe wert achtet, ein Tier mit so kunstreichen feinen Werkzeugen auszurüsten, wenn er ihm eine ganze Kette von Lebensfreuden und Glückseligkeiten mitgab, so dürften wir es der Mühe wert achten, diesem Dinge Aufmerksamkeit zu schenken! Und das gestorbene Tier hatte nur einen einzigen Lebensinhalt, in dem alles andere aufging; Liebe zu mir! Es hat mich während neun Jahren nie gekränkt, nie beleidigt, und in seiner Krankheit hätte es manchem Christenmenschen zum Beispiele dienen können. Nicht einen einzigen Seufzer stieß es über sein Leiden aus. Es war ihm genug, wenn ich im Zimmer war und freundlich zu ihm sprach, und es litt geduldig. Ich habe ihm diesen einzigen Trost, den es hatte, nicht entzogen und blieb stets bei ihm. Nun sei es genug.

 

Seite 12 bis 15: Siehe Papierausgabe

 

Seite 16:

Nordkorea und die AMA
Blumen nicht nur für Kim Il Sung


Die laufende Ausstellung ‚Kunst und Architektur aus der Demokratischen Volksrepublik Korea’ im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien hat im Blätterwald Rumoren ausgelöst.

Warum eigentlich? Die nordkoreanischen Staatskünstler malen uns das Paradies, Straßenkehrerinnen von Glück erfüllt, weil sie ihr Land reinigen dürfen, Kinder selig auf der Blumenwiese ...

Das ist für uns in Österreich doch nichts Neues, das malen uns doch auch immer wieder die AMA-Künstler: glückliche Wesen auf der grünen Wiese, Schweine, Kühe, Hühner, Menschen, fröhliche.

Ja, was wollen die Kunstkritiker eigentlich, was sollen die Nordkoreaner und AMAner denn anderes zeichnen, Straflager etwa oder 38 Masthühner auf einem Quadratmeter? Oder Mastschweine zusammengepfercht auf Betonspalten?

Kunst soll uns erheben, Freude in unser tristes Leben bringen! Wenn das die Zeitungsfritzen schon nicht wissen, Gott sei Dank, die EU-Leute in Brüssel wissen es und fördern die Informationskampagne der AMA, der Agrarmarkt Austria, Juristische Person öffentlichen Rechts und auch Bundesbehörde.

Gott sei Dank, dass EU-Gelder auch einmal vernünftig verwendet werden. So müssen wir uns wenigstens vor den Nordkoreanern nicht verstecken.


Naturverbunden

Erinnern Sie sich: Eine Mühlviertler Fleischfirma, deren Produkte bei Hofer unter dessen sehr alpin gestalteter Marke Alpenhof vertrieben werden, schwärmt auf ihrer website von der naturverbundenen Haltung ihrer Schlachttiere.

Das hatte uns erstaunt. Denn wir kennen die leider üblichen Schweineställe, doch dass sie „naturverbunden“ sind, auf den Gedanken wären wir nie gekommen.

Die Firma hat uns aufgeklärt:

„Die Menschen im Mühlviertel haben ein enges Verhältnis mit der Natur und somit auch mit ihren Tieren, speziell die Bauersleute“ in ihren – wie die Marke zeigt – für das Mühlviertel so typischen Alpenhöfen unter schneebedeckten steilen Felsbergen. (Zugegeben für die Hofer-Marke kann der Fleischer nichts, doch ist so eine Marke ehrlich?).

Sei dem wie immer, wir wollten uns am Anblick der so natürlich gehaltenen Tiere laben, leider der Wunsch wurde uns nicht erfüllt.

Denn Misstrauen gegenüber so naturverbundenen Menschen wäre hässlich. Schließlich meinte auch unsere Tierschutzministerin, die uns die Tierhaltungsverordnung bescherte, es reicht Betriebe nur alle fünfzig Jahre zu kontrollieren.
E.L.


EU definiert ‚vegetarisch’ und ‚vegan’


Das Europäisches Parlament hat am 16. Juni das neue Lebensmittelinformationsgesetz angenommen und hiebei auch einen Ergänzungsvorschlag betr. die für die Warendeklaration wichtige gesetzliche Definition der Begriffe ‚vegetarisch’ und ‚vegan’ gebilligt. Die Definition lautet gemäß Art. 35 des Gesetzes:
Der Begriff ‚vegetarisch’ ist nicht auf Lebensmittel anzuwenden, bei denen es sich um Erzeugnisse handelt oder die aus oder mithilfe von Erzeugnissen hergestellt werden, die aus verendeten, geschlachteten oder aufgrund ihres Verzehrs zu Tode gekommenen Tieren gewonnen wurden.
Der Begriff ‚vegan’ ist nicht auf Lebensmittel anzuwenden, bei denen es sich um Tiere oder tierische Erzeugnisse handelt oder die aus oder mithilfe von Tieren oder tierischen Erzeugnissen (einschließlich Erzeugnissen von lebenden Tieren) hergestellt wurden.
Die neue Bestimmung bedarf noch der Zustimmung des EU-Ministerrats.


Vitamin B12 – neue EU-Richtwerte


Die Vitamin B12-Zufuhr ist vor allem bei einer veganen Ernährung ein heikles Thema. Einen unkomplizierter Weg, B12 aufzunehmen, stellen angereicherte Lebensmittel dar, vorausgesetzt sie enthalten genug B12. Wieviel ist zwar unter Experten umstritten, der EU-Richtwert von 1 Mikrogramm Tageszufuhr gilt jedoch vielen als zu gering. Da eine durchschnittliche Lebensmittelportion (zum Beispiel 100 ml Sojamilch) etwa 15 % der empfohlenen Tageszufuhr von Vitaminen enthalten sollte, gab es auf diesem Wege bislang nur 0,15 Mikrogramm pro Portion. Das machte es für viele Veganer schwierig, sich mittels angereicherter Lebensmittel ausreichend zu versorgen.


Die EU hat nun die empfohlene Tagesdosis ab November 2009 auf 2,5 Mikrogramm je Tag erhöht. Seit diesem Zeitpunkt dürfen nur noch solche Lebensmittel als Vitamin B12-haltig bezeichnet werden, die mindestens 15 % der neuen Tagesdosis enthalten (also mindestens 0,38 Mikrogramm). Wenn die Lebensmittel mit ‚reich an Vitamin B12’ oder ähnlichen Formulierungen beschrieben werden, dann müssen sogar mindestens 0,75 Mikrogramm enthalten sein. (Quelle. VEBU)


Achtung: Das gilt nur für die Deklaration. Weder ist Anreicherung überhaupt noch ausreichende Anreicherung verpflichtend. Nach unseren Erhebungen gehen manche Firmen in der Inhaltstabelle auf der Packung noch vom alten Richtwert (1 Mikrogramm Tagesdosis) aus.

 

Seite 17

Notizen

1. Deutscher Kirchentag Mensch und Tier
27. bis 29. August in Dortmund


Aus der Programmschrift: Der in der Geschichte der Kirchentage erste ökumenische Kirchentag „Mensch und Tier“ wird Begeisterung für das Engagement für Tiere schaffen, eine Theologie anstoßen, die das Tier als Mitgeschöpf des Menschen achtet und würdigt, sowie Menschen, Initiativen und Organisationen unterschiedlicher Herkunft und Ausrichtung zusammen bringen, die sich dem Schutz der Tiere widmen.


Nach dem Vorbild der großen Kirchentage wird er zentrale und dezentrale Veranstaltungen über mehrere Tage enthalten: Markt der Möglichkeiten, Themenveranstaltungen, Diskussionsforen, kulturelle Veranstaltungen und Aktionen, Bibelarbeiten und Gottesdienste.
Ein großer zentraler Abschlussgottesdienst im Fredenbaumpark mit Menschen und Tieren soll den Abschluss bilden.


Unter dem Motto: „Gesegnet sind Mensch und Tier!“ wird vor allem die Massentierhaltung im Blickpunkt stehen. Ziel ist eine gemeinsame Erklärung von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen gegen jede Form der Massentierhaltung. Veranstalter ist die „Aktion Kirche und Tiere“ e.V., T 0049-0231 – 88 05 400, Näheres: kirchentagmenschundtier.de


Neuer UNO-Bericht ‚Weg von tierischen Produkten!’
Ende Mai ist ein neuer UNO-Bericht erschienen, in dem der Einfluss unserer Ernährung auf die Umwelt untersucht wurde. Der verheerende Einfluss der Fleischproduktion ist so deutlich, dass sogar die UNO selbst anerkennen musste, dass rein technische «Lösungen» nicht mehr genügen: ‚Eine wesentliche Reduzierung dieser Auswirkungen wäre nur möglich mit einer grundlegenden weltweiten Ernährungsumstellung, weg von tierischen Produkten’, so Achim Steiner, Leiter des UNO-Umweltprogramms. Der vollständige Bericht in Englisch im Internet unter vegetarismus.ch/Klimaschutz. SVV, 6.6.2010


100.000 Wildtiere Verkehrsopfer
2009 wurden in Österreich von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr getötet:
Hasen: 38.199, Rehe: 36.943, Fasane: 12.586, Füchse: 2.782, Marder: 1.826, Dachse: 1.272, Rebhühner: 565, Rotwild: 549, Wildschweine: 523, Iltisse: 488, Wiesel: 478. Soweit die gemeldeten Fälle. Die Dunkelziffer dürfte bei Kleinwild erheblich höher liegen.


Niederlande: Tierschutz im Parlament
Die „Partij voor de Dieren" gewann mit 1,3 % Stimmenanteil trotz Stimmverlusten (2006 waren es 1,8 %) wieder 2 Mandate.


Horror in deutschen Schlachthöfen
Jedes Jahr über geraten eine halbe Million Schweine lebend statt tot in die Brüh- und Zerlegemaschinerie. Schlimmste Qualen werden aus Kostengründen billigend in Kauf genommen. Denn längst gibt es Methoden und Kontrollgeräte, um sicherzustellen, dass ein Tier auch tot ist, ehe es gebrüht und weiterverarbeitet wird. So will es auch das Gesetz, doch kaum ein Schlachthof hat die aufwendigen Kontrollgeräte bisher installiert. Auch die Art der Schweinebetäubung wird von Experten kritisiert, immer häufiger kommt Kohlendioxidgas zum Einsatz. Das Gas ist billig, mehrere Tiere können gleichzeitig betäubt werden. Für die Schweine allerdings bedeutet das einen Kampf gegen das Gefühl zu ersticken, oft schlimmste Panik vor dem Tod.
Bei der Betäubung von Rindern schätzt man sogar 4 bis 7 Prozent Fehlbetäubungen.
ZDF frontal, 6.4.2010 u.a.


28.000 Rinder und Schafe im Mittelmeer ertrunken
Es geschah zwar schon vor einem halben Jahr, doch die Qualtransporte dürften regelmäßig unterwegs sein: Ein Frachter mit 10.000 Schafen und 18.000 Rindern ist auf der Fahrt von Uruguay nach Syrien am 17.12.2009 bei stürmischer See vor der Küste des Libanon gesunken. Ein Großteil der (menschlichen) Besatzung konnte von Schiffen der deutschen Marine, die im Rahmen der UN-Friedenstruppe dort patrouillieren, gerettet werden. 28.000 Tiere auf einem Schiff! Wie eng waren sie gehalten? Wie lange unterwegs? In der Sommerhitze im Süden der Erde, in der sengenden Hitze des Äquators?


Vier Tage Ersticken für die Schönheit
Sie taumeln, ringen nach Atem und sterben vier Tage lang einen elenden Erstickungstod – Hunderttausende Labormäuse. Warum? Damit wir uns unsere Gesichtsfältchen mit Botox wegspritzen lassen können. Ist das nicht ein hoher Preis, um jünger zu wirken?
Nach dem Arzneimittelrecht (Botox gilt als Medikament) muss jede Charge von Mitteln, die das Botulinum-Toxin enthalten, jeweils neu getestet werden, nach dem LD (Lethal Dosis) -50-Test.
Ä rzte gegen Tierversuche und www. protier.ch

Seite 18 bis 21:

Buecher

Tanja Busse
Die Ernährungsdiktatur – Warum wir nicht länger essen dürfen, was die In-dustrie auftischt

Karl Blessing Verlag 2010 (blessing-verlag.de), Format, geb., ca. 21.5 x 13.5 cm, Preis 16,95 ¤(D)


Werden wir Konsumenten von Handels-ketten, Industriekonzernen manipuliert, zu Fettleibigkeit oder gar Krankheit, prassen wir im Westen auf Kosten der Hungernden in den Entwicklungsländern, verdanken wir ausgemergelten Sklavenarbeitern in der dritten Welt und auch näher unseren Wohlstand, ruiniert


Markenschutz statt Menschenschutz?


die EU mit ihren Exportsubventionen für Lebensmittel die Bauern in Afrika; rauben die reichen und mächtige Konzerne oder Länder von Korea angefangen wie einst die europäischen Kolonialimperialisten den armen Afrikanern ihr Land; ist es vorbei mit billigen Lebensmitteln: wenn Energie für Maschinen , Kunstdünger, Pestizide, für Massenställe, wenn Wasser immer teurer wird; ist es verkehrte Welt: Gentechnikkonzern verseuchen Felder, dafür müssen die Bauern den Konzernen zahlen und nicht umgekehrt?

Diese und mehr Fragen stellt die Autorin, Journalistin und studierte Philosophin.
Die Supermärkte bieten viel doch genau besehen wenig außer manch Täuschung (was draufgemalt ist, ist nicht drin), Regale sind verseucht, vor allem mit Zucker, selbst die Sauren Gurken.

Angeregt von einem Bekannten, der seine Kinder gesund ernähren will, frage ich Kellogg, den führenden Frühstücksflockenhersteller, ob er die auch ohne Zucker hat. Die prompte(danke) Antwort: ... Eine gewisse Süße wird indes mehrheitlich von unseren Kunden erwartet. Kellogg stellt die Bedürfnisse seiner Verbraucher klar in den Mittelpunkt.... umfangreichen Marktuntersuchungen ... Bislang gibt es keine entsprechende Nachfrage für gänzlich ungesüßte Produkte im herkömmlichen Lebensmittelhandel. Der Firmengründer vor hundert Jahren war Gesundheitspionier. Wieviel Natur ist in Fanta?

Fanta-stisch?


Dank Frau Busse weiß ich: Jedenfalls bis vor kurzem war der Saft für Vegetarier ungeeignet, wegen Verwendung von
Fischgelatine. (Ob und welche andere seiner Getränke vegetarisch sind, hoffe ich vom Coca Cola Konzern noch erfahren; er ist leider nicht so prompt wie Kellogg).


Tanja Busse wirft das Licht auf das viele Negative. Sie fasst journalistisch geprägt zusammen, was in manch anderen Werken ausführlicher steht, bringt viel Zitate, Interviews.


Ein ausgezeichnetes Buch um uns aufzu-rütteln. Für Leser, die die Probleme an Hand neutralen Materials gründlicher bedenken möchten, vielleicht zu wenig.
Die Dinge sind kompliziert. Gut und gut gemeint sind Gegensätze, sagt der Volksmund. Namhafte westliche Konzerne haben sozialbewusst Kinderarbeit aus den Fabriken ihrer indischen Zulieferer verbannt, die Kinder arbeiten jetzt lebensbe-drohlicher in Steinbrüchen oder Eisenwerken; von irgendwas müssen sie

Kein Naturgesetz schreibt den Unternehmern vor, über Leichen zu gehen

schließlich leben. In den USA wurden einige Pferdeschlachthöfe als zu tierquälerisch geschlossen, die Pferde werden jetzt nach tausenden Kilometern Qualtransport in Südmexiko geschlachtet.


Frau Busse plädiert für Abkehr von der Agrarindustrie, Rückkehr zu (oder in den Entwicklungsländern Erhaltung) kleinräumiger Landwirtschaft, in Konsumenten – Eigeninitiative: wir kehren zurück in die Gärten! Doch ist das nicht ein Wunschtraum, immer wieder geträumt, schon vor hundert Jahren und früher. Da wurde um 1890 die ursprünglich vegetarische Obst- und Gartenbau kolonie Eden in Oranienburg nahe Berlin geschaffen, zur (Teil-) Selbstversorgung der Stadt überdrüssiger Bürger. Die Genossenschaft gibt es noch, nur die Selbstversorgung? Zu mühsam.Einst arbeiteten auch im Westen 80 % der Bevölkerung auf dem Lande und das Leben war für die Mehrzahl trist. Heute sind es 2 %. Den Wohlstand hat die Abkehr von der Landarbeit gebracht.

Bei allem Respekt vor den Bedenken der Autorin und ihren Vorschlägen zur Unterstützung lokaler Bauern, ich fürchte es werden ihr nur wenige folgen. Damit meine ich nicht, die Gilde der Kleingärtner fallen zu lassen, wie es die Politik leider praktisch tut. Immer mehr Kleingartenkolonien fallen Wohn- und Industriebau zum Opfer.
Als Anhang des Buches publiziert Tanja Busse sehr beherzigenswerte Empfehlungen bekannter Autoren für eine klimafreundliche gesunde und selbstbestimmte Ernährung.


Wir greifen nur die erste, die Prof. Jean Ziegler, (lange Jahre UN-Sonderbot-schafter gegen den Hunger) nennt, heraus: Kein Fleisch essen! Und wenn das nicht gehen mag: wenig Fleisch!


Fleisch zu essen wird in Zukunft so geächtet sein wie heute betrunken Auto zu fahren

Und Lord Nicholas Stern, ehemaliger Chefökonom der Weltbank, prophezeit: Fleisch zu essen wird in Zukunft so geächtet sein wie heute betrunken Auto zu fahren.


Dudo Erny
Die Grünschwätzer – Evolution, Überbevölkerung und Umweltschutz,

Verlag Books on Demand 2009, TB brosch., Format ca. 19 x 12 cm, Preis 15 ¤, ISBN 978-3-8334-7151-3, gruenschwaetzer.ch, dudoerny @ blue-win.ch


Umweltschutz, Klimawandel sind, wenn auch ein bisschen von der Finanzkrise umschattet, die Themen unserer Gesellschaft. Es hat lange gebraucht, bis Umweltbewusstsein (ziemlich) selbstverständlich wurde. Etwa ein halbes Jahrhundert. Um 1960 – als ein heimischer Humorist das Märchen von Schneewittchen umdichtete: ‚Ach, hätt’ ich ein Kind, des Haut so weiß wie Molkereibutter, Lippen so rot wie der Rauch von Donawitz (Anm. damals das obersteirische Industriezentrum) und Haare so schwarz wie die Mur ...’ – hatte die Politik die von verun-reinigten Gewässern drohenden Gefahren wieder erkannt (das alte Verbot, Flüsse, die dem ‚Getränke oder Gebräue dienten’ zu verschmutzen war etwas in Verges-senheit geraten) und ein neues Wasserrechtsgesetz beschlossen.
Bei der Luftverschmutzung dauerte es länger. Rauchende Schlote waren für Industrie und Arbeiter verständlich ein Zeichen zur Freude und nicht zur Besorgnis (‚Derfrorn san scho viele, derstunkn is no kana’). Als der Filmschauspieler Fuchs in den siebziger Jahren im Salzburger Ge-meinderat erstmals den sauren Regen beklagte, erheiterte das die Räte der Großparteien: ‚Dem Fuchs ist der Regen zu sauer, ha ha; tust ihn halt zuckern, Fuchsi’.


Das Blatt änderte sich, Jom Kippur-Krieg, Club of Rome, Grüne. In Wasser- und Luftreinhaltung wurden – wenn auch immer noch zuwenig – immense Mittel investiert; die Debatten über Umweltschutz, Ressourcenverknappung haben an intellektuellem Gehalt gewonnen; ernst werden die vielfältigen Ursachen analysiert und diskutiert.


Ausgenommen eine: die Bevölkerungszunahme, die wird tunlichst verschwiegen, auf Nebensätze reduziert, über die soll, wer sein Renommee nicht verlieren will, besser nicht sprechen. Nur ein paar tun es, die wenig oder nichts zu reden haben (wie z.B. unsere anima: Nr.4/2009 ‚Zu viele Rinder oder zu viele Menschen?’).
Dabei ist es an sich offensichtlich und banal. In den letzten 40,50 Jahren hat sich die Bevölkerung unserer Erde ungefähr verdoppelt, von ca. dreieinhalb auf bald sieben Milliarden Menschen. Auch wenn wir mit ungeheurer Kraftanstrengung die damalige schon übergroße Umweltbelastung und Ressourcenbeanspruchung halbiert hätten, im Ergebnis wäre sie durch das Mehr an Menschen aufgesogen, wäre nichts gewonnen. (Natürlich ist alles im Detail komplizierter und anzunehmen schlimmer).


Dudo Erny bricht das Tabu und stellt einprägsam in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen die Bevölkerungsvermehrung, vor allem in den Entwicklungsländern: Er hält sie für unser Kernproblem.


Der Autor will keine wissenschaftliche demografische Arbeit liefern. Er versucht uns plakativ die ungeheuren Mengen an Gütern, Energie, Abfall begreiflich zu machen, die das Leben von sieben Milliarden Menschen, von denen eine Milliarde hungert, heute schon erfordert und was nach den landläufigen Prognosen neun oder zehn Milliarden Menschen gar erst bei etwas mehr Wohlstand erfordern würde.


Familienplanung statt immer mehr Tiefsee-Öl

lEr zeigt dies u.a. an Nahrung, Verkehr, Energie und unterstreicht sein Credo: Wichtiger als alle Verbesserungsbemühungen hier ist Familienplanung.
Man muss dem Autor nicht in allen seinen Aussagen folgen. Wenn er etwa bzgl. der Renten für die Ersetzung des Umlageverfahrens durch das Kapitaldeckungsverfahren plädiert, liegt der Einwand nahe, hier wird eine komplexe Materie zu ein-fach gesehen. Es ist hier nicht der Raum das Thema abzuhandeln, nur ein Bedenken: Die Altersversorgung den bekannten Fährnissen des Kapitalmarkts auszusetzen, ist nicht ungefährlich. Wie überhaupt diejenigen, die sich anders als der Autor um fehlende Arbeitskräfte sorgen, tunlich außerachtlassen: wir haben immer mehr Menschen durch Maschinen ersetzt und dadurch und nicht nur durch Raubbau unseren Wohlstand unermesslich vermehrt. Und die Forderung mancher nach Menschenimport erscheint angesichts zahlloser Arbeitsloser wie der Jammer über Frühpensionen, wenn zugleich die Älteren dem Shareholder Value zuliebe ‚freigesetzt’ werden, eigenartig und zynisch.


Manchen Lesern mögen einige der Ausführungen im Buch, etwa der Mensch sei Spielball seiner Gene, adaptiert auf die Erhaltung des Leben einer Kleingruppe, vielleicht demagogisch überspitzt und schockierend empfinden. Das alles ändert jedoch nichts an der Stichhältigkeit seiner These:
Stopp des Bevölkerungswachstums wäre der beste wenn nicht einzige effektive Umwelt- und Klimaschutz. Doch wie? Der Autor propagiert Familienplanung. Offen bleibt, wie soll sie funktionieren.
Erwin Lauppert

 


Wissenschaft:


Rainer E. Wiedenmann
Tiere, Moral und Gesellschaft – Elemente und Ebenen humanimalischer Sozietät,

VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009 (vs.verlag.de), 462 Seiten, brosch. Format ca. 21 x 15 cm, 49,90 ¤(D)


Die Philosophen haben schon lange ihre Abstinenz gegenüber Tieren aufgegeben. Erfreulich, dass sich auch die Soziologie eingehender mit der Mensch-Tier-Bezieh-ung befasst. Das vorliegende umfangreiche wissenschaftliche Werk kam erst kurz vor Redaktionsschluss, wir können es unseren Lesern daher leider erst in der Herbst-Nummer näher vorstellen.


Kochbücher:


Lena Brorsson Alminger
Schwedisch backen – Kuchen, Torten & Gebäck,

pala-verlag, Darmstadt,114 Seiten, Hardcover, Forma ca. 21 x 14 cm, 12,80 ¤(D), ISBN: 978-3-89566-269-0


Kaffeekränzchen mit süßem Backwerk haben in Schweden eine lange Tradition. „Sieben Sorten Kuchen“ ist ein alter und bekannter Begriff in Schweden und geht darauf zurück, dass sieben verschiedene Kuchen zu einem Kaffeekränzchen serviert werden sollten. Heute ist diese Üp-pigkeit nicht mehr ganz so üblich, aber noch immer trinken die Schweden gerne in Gesellschaft Kaffee und Tee und essen dazu Hefegebäck, weiche Kuchen und Kleingebäck.


„ Fika“ nennt man diese Zusammenkünfte am Nachmittag. Die Autorin, die an der Westküste Schwedens lebt, zeigt mit diesem Buch, welche Vielfalt an süßen Le-ckereien hierbei geboten werden. Außerdem stellt sie neun wunderschöne Cafés vor, die an besonderen Plätzen liegen und jeweils ein Rezept einer Gebäckspezialität verraten.


Nach einer Einführung über besondere Zutaten, Backtemperaturen und Backzeiten geht es los mit Hefegebäck, süße Leckereien ohne Backen, Kekse, Muffins und weiche Rührkuchen, Tartes und Torten. Die Autorin hat viele traditionelle Rezepte modernisiert, in dem sie Vollkornmehl anstatt Weißmehl und weißen Zucker durch Rohrzucker ersetzt. Die Backanleitungen sind verständlich geschrieben, so dass auch Ungeübte gut zurecht kommen.
Für Veganer ist das Kochbuch allerdings nicht geeignet, da die Rezepte reichlich Eier, Sahne, Milch und Honig enthalten. Wenn Sie die üppig süße Seite Schwedens aber kennen lernen möchten sind Zimt-schnecken, Zitronenmuffins, Apfelhörn-chen, Mandelkränze und Schwedenkuchen mit Vanillecreme eine gute Wahl.


Herbert Walker
Vollwertig kochen für mich
Vegetarische Rezepte für eine Person
pala-verlag, Darmstadt,176 Seiten, Hardcover, Format ca. 21 x14 cm, 12,80 ¤(D), ISBN: 978-3-89566-272-0


Es gibt immer mehr Alleinlebende, und darunter viele, die meinen, es lohne sich nicht, für eine Person zu kochen. Viele leben dann überwiegend von Fertiggerichten die weder gesund noch billig sind.


Der Autor dieses Buches, der als enga-gierter Tierschützer zum Vegetarismus kam und eine Ausbildung zum Gesundheitsberater absolvierte, will mit über 100 Rezepten zeigen, dass frisch Gekochtes nicht nur besser schmeckt und gesünder ist als Fertignahrung, sondern dass man dabei auch seine Kreativität spielen lassen und Spaß haben kann. Legt man außerdem Wert auf eine vegetarische vollwertige Kost, gibt es zum selbst kochen ohne-dies wenig Alternativen.
Für Singles spielen oft Aspekten wie Zeit und Platz beim Kochen eine große Rolle. Daher gibt der Autor viele Tipps und Hinweise, wie aus jeweils gleichen Grundzutaten, die man nur einmal vorbereitet, die unterschiedlichsten Gerichte zubereitet werden können und wie man Gerichte so verändert, dass am nächsten Tag nicht nur aufgewärmt wird, sonder ein neues Gericht daraus entsteht. Außerdem gibt es praktische Tipps für eine vernünftige Küchenausstattung, für richtiges Einkaufen, Lagern, Aufbewahren und Planen.


Die meisten Rezepte sind ovo-lacto-vegetarisch. Es gibt jedoch auch mit einem Symbol gekennzeichnete vegane Rezepte und Rezepte, die nur geringe Mengen tierisches Eiweiß, wie Butter oder Sahne enthalten und problemlos veganisiert werden können, mit ersatzweise Pflanzenmargarine und Sojasahne
Der Rezeptteil ist unterteilt in Salate, Suppen und Eintöpfe, Gemüsegerichte, Kartoffelgerichte, Nudelgerichte, Pikante Kuchen und Pizzen, Küchle und Bratlinge, Pikante Aufläufe, Toasts, Aufstriche und Chutneys, Süßes, Kuchen, Fertiggerichte optimieren und Getränke.


Alle Rezepte sind für eine Person berechnet, die Zubereitung gut beschrieben und meist gibt es noch einen interessanten Extratipp. Die Zutatenliste ist oft sehr lange, was vielleicht manchen die Rezepte aufwendig erscheinen lässt. Doch lassen Sie sich nicht abschrecken! Vieles ist einfacher und schneller auf den Tisch, als es auf den ersten Blick erscheint. Außerdem ermuntert der Autor, Mut zu haben, Grundrezepte nach eigenen Vorstellungen und persönlichen Geschmack zu verän-dern. Genießen Sie z. B. mit Gewürzen und Kräutern zu experimentieren und neue Geschmacksvarianten zu entdecken.


Auch wenn man alleine lebt, sollten wir es uns wert sein, frisch und gesund für uns selbst zu kochen. Und schließlich geht ja nichts über selbst gemachte Tomatensuppe, überbackene Kürbisnudeln, frischen Gurkensalat, Spinatpizza und duftenden Zwetschgenkuchen.

Guten Appetit! Ihre Michaela Schaller


Jonathan Safran Foer
versteht keinen Spaß, wenn es um das Thema seines neuen Buches geht. Wenn das einstige Wunderkind der amerikanischen Literatur über ‚Eating Animals’ (Tiere essen) spricht, dann hat er den Tonfall eines Missionars. Die Fleischindustrie ist für ihn eine kriminelle Vereinigung. Fleisch zu konsumieren hält er für Mittäterschaft an einem Verbrechen unaussprechlicher Grausamkeit
Frankfurter Rundschau 27.3.2010

 

Seite 22:

Missbrauch an Polizeischülern?

Straßenraub auf belebten Plätzen am helllichten Tag ist häufig geworden. Und weit und breit keine Polizei.
Polizeischüler sollen, müssen viel lernen: Strafrecht, Kriminologie, Psychologie, Waffengebrauch usw. usw. Neuerdings müssen sie auch sitzen, stundenlang, wochenlang. Im Verhandlungssaal beim Tierschützerprozess in Wiener Neustadt. Um die Zuschauersitze warm zu halten? Oder eher um zu verhindern, dass interessierte Bürger zuhören können?


Verhandlungstag für Verhandlungstag wurden in den letzten Wochen 30, 40 Polizeischülerinnen und -schüler von Wien nach Wr. Neustadt gekarrt und zurück, zum wie die Wiener Presse unlängst formulierte, skurrilsten Prozess in Österreich.


Warum? Und was das kostet? Könnte ein angehendes Wachorgan nicht mehr lernen, würde e ab und zu mit einem erfahrenen Beamten durch die Straßen patrouillieren? Das fragten wir unsere Innenministerin Frau Dr. Maria Fekter:

„ 6.5.2010


Sehr geehrte Frau Bundesministerin,


es wurde behauptet, im Tierschützerprozess in Wiener Neustadt würden seit vergangener Woche täglich 30-50 Polizeischüler und -schülerinnen mittels Bus in den Verhandlungssaal gebracht, wo sie einen beträchtlichen Teil der Plätze besetzten. Es wurde auch behauptet, diese Aktion diene dazu, andere Besucher von der Verhandlung auszuschließen.


Ich glaube, viele Leute (und mich auch) würde interessieren ob tatsächlich Polizeianwärter in grosser Menge von Wien herantransportiert wurden, und wenn ja weshalb. Dass Schüler Gerichtsverfahren kennen lernen sollen, ist einsichtig. Doch fragen sich Menschen, weshalb gerade an einem fernen Ort und langwierige Zeuen- und Sachverständigenbefragungen in einem monatelangen Prozess. Gibt es keine lehrreicheren Verhandlungen in Schulnähe?

Die kolportierte Behauptung, die Innenministerin wolle derart die in der Verfassung verankerte Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren unterlaufen, ist ja wohl abwegig. Die Kriminalität ist hoch und die Mittel Ihres Ressorts sind beschränkt.

Daher die Frage: was hat die Transportaktion gegebenfalls gekostet? Die Öffentlichkeit wäre Ihnen, sehr geehrte Frau Ministerin, für eine Antwort sicher dankbar.


Mit vorzüglicher Hochachtung“


Die Ministerin schweigt


Danke
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Beiträge geben, soweit nicht ausdrücklich ver-merkt, lediglich die Meinung der Verfasser, nicht die der ÖVU wieder. Nachdruck nur mit schriftlicher Zustimmung. Fotos, wenn nicht bezeichnet: ÖVU, Druck: Druckwerk 8020 Graz

 

Seite 23:

„Öffentlichkeit“ bei Gericht
20 Sitzplätze für 500.000 Tierfreunde


Die Verhandlungen in Zivil- und Straf-rechtssachen vor dem erkennenden Gericht sind öffentlich, steht in Artikel 90 der österr. Bundesverfassung. Und die Praxis?


Im Tierschützerprozess in Wiener Neu-stadt, der sich seit Monaten hinzieht, gibt es 13 Angeklagte und formal 80 Plätze für Zuschauer. Auf ungefähr der Hälfte davon sitzen Polizeischüler, 20 sind für die Presse reserviert- die kommt aber kaum, weil für die breite Leserschaft zu langweilig, und sie berichtet auch nicht. Bleiben zwanzig Plätze für interessierte Bürgerinnen und Bürger. Theoretisch.


Denn für die Plätze werden – so die offizielle Version – ab 8 Uhr (der Prozess beginnt um 9 Uhr) gegen Personalausweis Platzkarten ausgeteilt. Die Polizeischüler stellen sich wohl immer sehr früh an und bekommen so sicher ihre Karten. Besorgen sich irgendwelche zwanzig Leute die übrigen Karten und kommen dann nicht, ist das Kontingent trotzdem vergeben und niemand anderer darf mehr in den Verhandlungssaal. Theoretisch könnten je Angeklagten gerade einmal eineinhalb Freunde oder Angehörige den Prozessverlauf beobachten, vorausgesetzt sie haben sich brav ganz früh angestellt. Tat-sächlich wurde trotz vieler freier Plätze selbst der Vater eines Angeklagten am Betreten des Saales gehindert.


Soweit die Auslegung des Begriffs „öffentlich“ durch die Justiz und ihre Ministerin.


Der Ordnung halber hier der Wortlaut der Antwort des Justizministeriums auf unsere Anfrage an die Frau Justizministerin:


BUNDESMINISTERIUM FÜR JUSTIZ
BMJ-A911.037/0002-III 5/2010
... in Beantwortung Ihres Schreibens vom 5. Mai 2010 kann ich Ihnen nunmehr Folgendes mitteilen:
In der Strafsache 41 Hv 68/09z des Landesgerichtes Wr. Neustadt („Tierschützer-prozess“) wurden und werden wegen des großen Andrangs von Zuhörern Platzkarten ausgegeben, wobei von den vorhandenen zirka 80 Sitzplätzen über Ersuchen der Pressevertreter 20 Plätze für die Dauer des Verfahrens für die Medien reserviert wurden. Die restlichen zirka 60 Sitzplätze werden ab 8.00 Uhr an interessierte Zuhörer ausschließlich in der zeitlichen Reihenfolge ihres Erscheinens bei Gericht ausgegeben.
Da Personen, denen eine Platzkarte ausge-folgt worden ist, nicht immer während der gesamten Dauer der Verhandlung an einem Tag anwesend sind, kommt es vor, dass gelegentlich Sitzplätze frei sind. Richtig ist, dass fallweise auch Polizeischülerinnen und -schüler die oben genannte Verhandlung verfolgen. Eine Bevorzugung dieser Personengruppe bei der Ausgabe der Platzkarten findet jedoch nicht statt.
Ein „faktischer Ausschluss“ der Öffentlichkeit liegt somit nicht vor, vielmehr garantiert die Reservierung von 20 Plätzen für Vertreter der Medien im besonderen Maße die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung.
Mit freundlichen Grüßen
21. Mai 2010
Für die Bundesministerin: ... "

 

Seite 24:

Der Papst Boss einer kriminellen Organisation?


Gleich vorausgeschickt, uns liegt nichts ferner als das Oberhaupt der katholischen Kirche eines Gesetzesbruchs zu zeihen. Wir sinnieren nur, weshalb stellt ein Staatsanwalt Strafantrag gegen Funktionäre von Tierschutzvereinen und nicht gegen Würdenträger der Kirche. Was ist der Unterschied?


Tierschutzfunktionäre propagieren Verzicht auf tierquälerisch hergestellte Produkte, deren Erzeugung in Österreich nebenbei verboten ist, einigen Tierschutzbewegten (oder sind es Provokateure?) geht das zu langsam und sie versuchen es mit Gewalt. Natürlich will die Staatsgewalt die fangen und sie soll es auch, aber sie erwischt sie nicht, ebenso wenig wie die meisten der zahllosen absolut nicht tierschutzbewegten Einbrecher, die das Land unsicher machen. Das ist peinlich. Doch irgendeinen Erfolg braucht die Staatsgewalt, will sie nicht ganz dumm dastehen.

Da kommt die Erkenntnis gerade recht: Tierschützer sind eine kriminelle Organisation, international vernetzt, ihre Demonstrationen sind schwere strafgesetzwidrige Nötigung, sie arbeitet zweigeleisig, nach außen hin die Oberen brav und gesetzestreu, doch im Geheimen Anstifter und Befehlshaber krimineller Handlanger. Also wenn wir schon zehntausende Einbruchsdiebstähle nicht aufklären können, sperren wir wenigstens ein Dutzend Tierschutzaktivisten ein. Dann können wir – zwar mit Millionenaufwand wenigstens so 60 (in Worten sechzig) Delikte aus fünfzehn Jahren als erledigt abhaken. Bei ungefähr 10.000.000 (zehn Millionen) Straftaten im selben Zeitraum nicht viel, aber immerhin etwas. Hätte man mit demselben Aufwand Einbrecher gejagt ... aber das ist eine andere Geschichte.


Die katholische und manch andere Kirchen sind entschiedene Gegner der Schwangerschaftsunterbrechung. Der Papst hat katholischen Schwangerenberatungsstellen in Deutschland verboten, einen Beratungsschein – ohne den darf dort nicht abgetrieben werden – auszustellen. Abtreibungsgegner, katholische und andere christliche protestier(t)en vor einschlägigen Kliniken, bedrängen Besucherinnen, die beklagen Psychoterror, Todesdrohungen gegen eine Klinikleiterin, Säureanschlag, mit schwarzen Lackkreuzen bemalte Eingangstüren etc. (siehe Urteil des Oberlandesgericht Wien 15.4.2004 betr. Rufschädigung). In den USA geht es noch härter zu, laut wikipedia acht Morde in den letzten Jahrzehnten, zahlreiche Bombenattentate und Brandstiftungen.


Parallelen zu den Tierschutzdelikten sind offensichtlich. Die Frage liegt nahe, warum hier keine Verfolgung als international vernetzte kriminelle Organisation?
Die Tatbestandsmerkmale des ominösen § 278a Strafgesetzbuch sind so viel oder so wenig wie bei den Tierschützern gegeben. Die katholische Kirche ist zweifellos „eine auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Zahl von Personen“, noch dazu sehr international, strafbare Handlungen dort und da. Wenn man den Versuch, eine Kleiderkette zu bewegen, ein Prozent ihrer Waren statt mit Echtpelzen mit Kunstpelzen zu verzieren als Anstreben erheblichen Einflusses auf Wirtschaft und Politik wertet, so dürfte wohl nicht abwegig sein, auch den Versuch, eine Abtreibungsklinik zum Verzicht auf Abtreibungen zu bewe-gen, als erhebliche Einflussnahme zu werten. Bleibt noch das Erfordernis der Einschüchterung – die ist bei Morddrohungen nicht ferne – oder der Geheim-haltung – die ist der Kirche nicht fremd.


Noch einmal: Uns liegt nichts ferner als Tierschutzorganisationen, Kirchen und Abtreibungsgegner vorzuwerfen, sie seien kriminelle Organisationen.
Doch wenn die Staatsanwaltschaft Tier-schutzaktivisten als ‚Kriminelle Organisation’ verfolgt, dann bleibt die Frage offen: Warum nur die Tierschützer?
E.L.

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